Genf (schweizerdeutsch GĂ€mf, GĂ€nf, französisch GenĂšve [Ê(É)nÉv], frankoprovenzalisch Geneva [ðÉËnÉva, ËzÉnÉva], italienisch Ginevra, rĂ€toromanisch ) ist eine Stadt und politische Gemeinde sowie der Hauptort des Kantons Genf in der Schweiz.
Die Stadt liegt am sĂŒdwestlichen Zipfel der französischen Schweiz (Romandie) in der Genferseeregion am Ausfluss der Rhone aus dem Genfersee. Mit ihren 206'635 Einwohnern (31. Dezember 2023) ist Genf nach ZĂŒrich die zweitgrösste Stadt der Schweiz. 50,1 Prozent der Einwohner verfĂŒgen nicht ĂŒber das Schweizer BĂŒrgerrecht, womit Genf neben Basel und Lausanne zu den Schweizer StĂ€dten mit sehr hohem AuslĂ€nderanteil zĂ€hlt. Die statistische Bevölkerungsdichte hat mit 13'004 Einwohnern pro Quadratkilometer einen Ă€usserst hohen Wert fĂŒr Schweizer VerhĂ€ltnisse. Die 1,3 Millionen Einwohner (2020) zĂ€hlende Metropolregion Genf-Lausanne ist ein erweiterter Ballungsraum und ist der bedeutendste der französischen Schweiz.
Die Stadt Genf beheimatet neben New York City weltweit die meisten internationalen Organisationen, darunter UNO, CERN, IKRK, WHO, IAO, ICN, IOM, ISO, IEC, ITU, WIPO, WMO, WOSM und WTO. Zusammen mit New York City (UNO-Hauptquartier) zÀhlt Genf zu den wenigen StÀdten der Welt, die als Sitz einer der gemeinhin als wichtigsten erachteten internationalen Organisationen fungieren, ohne die Hauptstadt eines Staates zu sein. Zudem sind hier 175 Staaten diplomatisch vertreten; so unterhalten einige die diplomatische ReprÀsentanz in der Schweiz nicht in der Bundesstadt Bern, sondern in Genf.
Genf ist nach ZĂŒrich der zweitgrösste Finanzplatz der Schweiz, danach folgt Lugano. In einer Rangliste der wichtigsten Finanzzentren weltweit belegt Genf im Jahr 2018 den 26. Platz.
Seit Jahren wird Genf neben ZĂŒrich und Basel als Teil der zehn StĂ€dte mit der weltweit besten LebensqualitĂ€t und zugleich mit den global höchsten Lebenshaltungskosten gelistet. 2018 waren 18,6 Prozent der Bevölkerung MillionĂ€re (gerechnet in US-Dollar). Genf ist damit, hinter Monaco, die Stadt mit der zweithöchsten MillionĂ€rsdichte weltweit.
Genf liegt zwischen den Voralpen und dem Jura. Der Mont SalĂšve im SĂŒden der Stadt gilt als ihr Hausberg, er liegt allerdings bereits auf französischem Staatsgebiet. Die StadtflĂ€che betrĂ€gt 15,89 Quadratkilometer.
Das Stadtgebiet setzt sich aus den vier Stadtbezirken (französisch sections) Cité, Plainpalais, Eaux-Vives und Petit-Saconnex zusammen. Die drei letzten entsprechen den 1930 eingemeindeten Gemeinden. Die Stadtbezirke sind weiter in so genannte Stadtviertel Quartiers untergliedert:
Die Jahresmitteltemperatur fĂŒr die Normalperiode 1991 bis 2020 betrĂ€gt 11,0 Grad Celsius, wobei im Januar mit 2,1 Grad Celsius die kĂ€ltesten und im Juli mit 20,6 Grad Celsius die wĂ€rmsten Monatsmitteltemperaturen gemessen werden. Im Mittel sind hier rund 73 Frosttage und 7 Eistage zu erwarten. Sommertage gibt es im Jahresmittel rund 64, wĂ€hrend normalerweise 17 bis 18 Hitzetage zu verzeichnen sind. Die Wetterstation von MeteoSchweiz liegt auf einer Höhe von 411 mÂ ĂŒ. M. am Flughafen Genf, ca. 6 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt (Luftlinie).
Die höchste je in Genf gemessene Temperatur betrug 39,7 Grad Celsius (7. Juli 2015). Dies ist gleichzeitig auch der höchste, je auf der Alpennordseite gemessene Wert. Der Höchstwert bei der Durchschnitts-Sonnenscheindauer des Monats Januar wurde 2020 mit 114,4 Stunden erreicht. Damit wurde der bisherige Rekord von 2008 (104,3 Stunden) gebrochen.
Genf war in der Keltenzeit eine befestigte Grenzstadt der Allobroger gegen die Helvetier. Der erstmals in Caesars De bello Gallico bezeugte Ortsname (58 v. Chr. Genava) wird herkömmlich auf keltisch *genaua âčMĂŒndungâș (vgl. walisisch genau âMundâ) zurĂŒckgefĂŒhrt, wie Ă€hnlich Genua und Arguenon. Da Genf nicht an einer MĂŒndung, sondern an einem Abfluss liegt, wurde als Alternative vorgeschlagen, den Namen von indogermanisch *genu-, *gneu- âčKnie, Ecke, Winkelâș herzuleiten.
Genf gelangte um 120 v. Chr. unter die Herrschaft der Römer. Zur Zeit des Römischen Reiches diente es als BrĂŒckenkopf, von 400 bis 1536 war es ein Bischofssitz. Im fĂŒnften und neunten Jahrhundert fungierte es zudem als Sitz der burgundischen Könige. Im Jahr 563 wurden beim Tauredunum-Ereignis, einem Tsunami im Genfersee, viele Einwohner getötet.
Seit dem 10. Jahrhundert hat der Genfer Bischof eigene SilbermĂŒnzen prĂ€gen lassen. Ab dem Jahr 1026 gehörte Genf zum burgundischen Reichsteil des Heiligen Römischen Reichs, innerhalb dessen es ein bischöfliches Territorium wurde. Am 1. August 1034 wurde der Erwerb Burgunds durch Konrad II. (HRR) in der Genfer Kathedrale gefeiert. Der Rechtsbezirk des Bischofs wurde gegenĂŒber den AnsprĂŒchen des Grafen von Genf in der Urkunde Placitum de Seyssel von 1124 umschrieben. 1162 verlieh Friedrich I. dem Bistum UnabhĂ€ngigkeit und Reichsunmittelbarkeit. Im 13. Jahrhundert wurde Genf eine bedeutende Messestadt, was dem stĂ€dtischen BĂŒrgertum mehr Einfluss brachte. Der Genfer Bischof verlieh der Stadt Genf 1387 verschiedene Freiheitsrechte wie etwa das BĂŒrgerrecht. 1467 gewĂ€hrten die Savoyer den Genfern Handelsfreiheit auf ihrem Territorium. Bischof Antoine Champion versammelte im Jahr 1493 etwa 500 Priester in der Kirche St. Pierre und prangerte den lasterhaften Lebenswandel der Geistlichen an:
1526 trat Genf einem StĂ€dtebund zusammen mit Bern und Freiburg bei. Nach ĂŒberzeugenden Predigten von Guillaume Farel wurde im Jahr 1536 die Reformation eingefĂŒhrt und die unabhĂ€ngige Republik Genf ausgerufen. Freiburg löste daher sein BĂŒndnis mit Genf, worauf die Stadt mehrmals vergeblich versuchte, als Zugewandter Ort in die Schweizerische Eidgenossenschaft aufgenommen zu werden. Nur die evangelischen StĂ€dte Bern und ZĂŒrich schlossen 1584 ein Burgrecht mit Genf. Der französische Reformator Johannes Calvin grĂŒndete im Jahr 1559 die Genfer Akademie, aus der sich die heutige UniversitĂ€t Genf entwickelte. Nach dem missglĂŒckten Versuch, die Stadt in einer Dezembernacht 1602 zu ĂŒberfallen (Escalade de GenĂšve), erkannte Savoyen die UnabhĂ€ngigkeit Genfs 1603 im Vertrag von Saint-Julien an. Genf war ab 1540 bis 1700 fĂŒr französische und italienische evangelische GlaubensflĂŒchtlinge, den Hugenotten und Waldensern, ein wichtiger Zufluchtsort und eine neue Heimat geworden. Die zugewanderten Familien waren aber nicht nur eine Last fĂŒr die Stadt, sondern auch eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereicherung durch ihre Bildung und Kenntnisse in Seidenproduktion und -handel und in der Uhrmacherkunst, die sie mitbrachten und in Genf und Umgebung ansiedelten.
Im Jahr 1781 errangen BĂŒrgertum und Arbeiterschaft die Vorherrschaft, woraufhin eine reprĂ€sentativ-demokratische Verfassung angenommen wurde, bevor im Jahr darauf mit Hilfe bernisch-savoyischer Truppen das Patriziat erneut die Macht ergriff und viele Industrielle als Exponenten des BĂŒrgertums in die Emigration gingen. Die Auseinandersetzung 1781 war die letzte in einer Reihe von sozialen Konflikten im 18. Jahrhundert: die AffĂ€re Fatio 1707, das Tamponnement 1734 bis 1738 und Rousseau 1762 bis 1768, die als Genfer Revolutionen bezeichnet werden. Es ging stets um wirtschaftliche Gleichstellung und erleichterten Zugang zur NeubĂŒrgerschaft. 1776 entstand die erste SociĂ©tĂ© des Arts.
Am 15. April 1798 wurde Genf von Frankreich annektiert. Der Vereinigungsvertrag vom 26. April 1798 regelte die ĂberfĂŒhrung der Republik Genf in den französischen Staat. Im August 1798 wurde die Stadt Hauptort des neu geschaffenen DĂ©partements LĂ©man. WĂ€hrend der französischen Periode wurde der Code civil eingefĂŒhrt, und die Stadt wurde zum Mittelpunkt der Verwaltung der ganzen Region, was ihr auch wirtschaftliche Vorteile brachte. Allerdings wurden seit 1802 in Genf auch Truppen fĂŒr die Napoleonischen Kriege ausgehoben.
Am 31. Dezember 1813 wurde Genf von österreichischen Truppen besetzt. Nachdem zuerst die UnabhĂ€ngigkeit der Stadtrepublik ausgerufen worden war, bat Genf um Aufnahme in die Eidgenossenschaft. Am 1. Juni 1814 landeten schweizerische Truppen in Ăbereinstimmung mit den BeschlĂŒssen des Wiener Kongresses in Genf, und am 12. September bestĂ€tigte die eidgenössische Tagsatzung offiziell die Aufnahme Genfs als 22. Kanton in die Eidgenossenschaft. Der Vereinigungsvertrag wurde am 19. Mai 1815 unterzeichnet. Die Stadt Genf wurde damit zum Hauptort des neugebildeten gleichnamigen Kantons Genf. Die britische Schriftstellerin Mary Shelley klagte in einem Brief vom 1. Juni 1816 ĂŒber den Abriss des Genfer Theaters, das streng puritanische Genf war dennoch weltlĂ€ufig und aufgeschlossen genug, um 1818 das MusĂ©e acadĂ©mique zu grĂŒnden, das zwei Jahre spĂ€ter in der Grand-Rue 11 eröffnete.
Der Kanton wurde im Zweiten Pariser Frieden (1815) und im Vertrag von Turin um französische und sardische Gebiete erweitert, so dass das Genfer Gebiet eine Landverbindung zur restlichen Schweiz erhielt. Um Genf wirtschaftlich nicht von seinem Umland abzuschnĂŒren, wurden sukzessive mehrere Zollfreizonen um Genf geschaffen, die bis 1860 schliesslich fast das ganze ehemalige Gebiet des DĂ©partements LĂ©man umfassten. 1821 wurde am Vorbild der Basler Mission die SociĂ©tĂ© genevoise des missions Ă©vangĂ©liques gegrĂŒndet. Im Mai 1838 entstand in Genf der GrĂŒtliverein.
Im Jahr 1863 wurde der Landschaftsarchitekt Charles-Guillaume Nitzschner mit der Planung der stĂ€dtischen Promenaden und Parkanlagen beauftragt. Genf wurde 1864 Sitz des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Im selben Jahr rief Johann Philipp Becker in Genf eine deutschsprachige Sektion der Ersten Internationale ins Leben, die im September 1866 den ersten Kongress der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA) abhielt. Forderungen der 25 Sektionen und elf kooperierenden Gesellschaften waren der Arbeiterschutz, der Achtstundentag und das Verbot der Kinderarbeit. Im ausgehenden 19. Jahrhundert profitierte die Entwicklung der Uhrenindustrie vom Aufbau eines Druckwassernetzes zur Energie- und Trinkwasserversorgung der Stadt. Mit der 1886 in Betrieb genommenen Usine des Forces Motrices wurde auch die Regelung des Wasserspiegels fĂŒr den Genfersee eingefĂŒhrt. Der zunehmende Energiebedarf der Industrie machte den Bau der Usine de ChĂšvres, des damals grössten Kraftwerks Europas, nötig. In Genf lebten Arbeiter und Bourgeoisie.
In den Jahren 1868, 1869 und 1870 streikten die Bauarbeiter. Karl II. Herzog von Braunschweig hatte der Stadt 1873 ein Vermögen von 1 Milliarde Franc hinterlassen, von dem sie 2 Millionen fĂŒr den Bau des Monument Brunswick aufbrauchte. Mit einem guten Teil des verbleibenden Erbes schuf sie sich zwischen 1873 und 1879 das Grand Théùtre de GenĂšve. Das damals grösste Theater der Schweiz, entworfen von Gottfried Semper, zĂ€hlte 1450 SitzplĂ€tze. Zur Eröffnung spielte die Oper Wilhelm Tell von Gioachino Rossini. Der Abbruch der Stadtmauern unter James Fazy machte ab 1849 Platz fĂŒr nichtreformierte GotteshĂ€user wie jener der Anglikanischen Gemeinschaft, der Synagoge Beth-Yaacov, oder im Jahr 1866 der russisch-orthodoxen Kreuzerhöhungskathedrale. Unter den nicht wenigen russlĂ€ndischen GĂ€sten Genfs befand sich, auf der Flucht vor seinen GlĂ€ubigern, von August 1867 bis Mai 1868 auch Fjodor Dostojewski. Ebenfalls auf dem Grund der Stadtmauer entstand 1890â1892 das HĂŽtel des Postes, als Poste du Mont-Blanc bekannt, entworfen von Marc Camoletti.
1873 wurde die UniversitĂ€t Genf, aber auch die AntiautoritĂ€re Internationale gegrĂŒndet. Dazu reiste Michail Bakunin an. Der russische Adlige und RevolutionĂ€r war mit Genf vertraut, wo er 1867 die Internationale Friedensliga gegrĂŒndet hatte. Auch die Juraföderation gewann Einfluss unter den Arbeitern. Hingegen ganz in einem bĂŒrgerlichen Geist fand 1896 die zweite Schweizerische Landesausstellung mit dem folkloristischen Village Suisse statt, das den Genfern inlĂ€ndische Kultur als exotische Attraktion nĂ€her brachte und nur durch die Völkerschau eines Village Noir ĂŒbertroffen wurde, das 227 Menschen aus dem heutigen Senegal zeigte, die unter der diffamierenden Beschilderung «unzivilisierte Völker» der Schaulust der Ausstellungsbesucher ausgesetzt waren. Der Parc de Plaisance bot ein Kongolesisches Panorama nach belgischen Vorstellungen, ein Javanesisches Theater (Schattentheater), arabische Musik und weitere Lustbarkeiten.
Dem Bedarf nach Kunstgewerbe der LuxusgĂŒterindustrie entsprechend, gab es seit 1885 ein MusĂ©e des Arts dĂ©coratifs in der Uhrmacherschule. Der Anarchist Luigi Lucheni erstach im September 1898 Elisabeth von Ăsterreich-Ungarn. 1895 kam Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, in Genf zu GesprĂ€chen mit Georgi Walentinowitsch Plechanow. 1898 streikten die Bauarbeiter erneut.
1902 wurde in Genf ein Generalstreik durchgefĂŒhrt. Zugleich etablierte sich in Genf vor dem Ersten Weltkrieg der Kunsthandel. Der Pastor Antony Krafft-Bonnard betrieb in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Hilfswerk Near East Relief in den 1920er Jahren ein Waisenhaus fĂŒr Kinder, die den Völkermord an den Armeniern ĂŒberlebt hatten. Von 1920 bis 1946 war Genf Sitz des Völkerbundes, dem die Schweiz nach der Volksabstimmung vom 19. Mai 1920 beitrat. Die Eröffnungsrede der konstituierenden Versammlung hielt BundesprĂ€sident Giuseppe Motta. Der Völkerbund bezog das Palais Wilson. Vom 4. bis 23. Mai 1927 wurde in Genf die erste Weltwirtschaftskonferenz abgehalten. Im MĂ€rz 1930 grĂŒndete der Libanese Chakib Arslan in Genf die Zeitung La Nation arabe. Vom 16. bis 25. August 1939 fand in Genf der 21. Zionistenkongress statt. Genf wurde Sitz der jĂŒdischen Organisation World ORT. 1954 folgte die Indochinakonferenz.
1931 wurden die frĂŒheren Gemeinden Eaux-Vives, Le Petit-Saconnex und Plainpalais mit der Stadt Genf fusioniert. Am 9. November 1932 kam es zu einem Massaker, der sogenannten «Blutnacht von Genf», als Soldaten 13 antifaschistische Demonstranten erschossen und 60 schwer verletzten. Im Dezember 1932 wurde eine NSDAP-Ortsgruppe gegrĂŒndet. Bei den Wahlen ins Kantonsparlament erzielte die extreme Rechte im November 1933 einen Stimmenanteil von 9 %. Im Zweiten Weltkrieg lieferte die Schweiz Waffen an die Nazis wie an die Alliierten. Das Genfer Unternehmen Tavaro verkaufte ZĂŒnder zum Preis von ĂŒber 72 Millionen Franken an Nazi-Deutschland. Nach der Beendigung des politischen Burgfriedens der Schweiz im Zweiten Weltkrieg kam es in Genf zu Streiks, die sich im FrĂŒhjahr 1946 intensivierten. Nach den Bauarbeitern legten im November 1947 auch 250 NĂ€herinnen der Haute Couture die Arbeit nieder. Am dritten Tag erkĂ€mpften sie sich 10 bis 15 Rappen zusĂ€tzlich die Stunde und den GAV. Ab 1964 erlebte Genf das Aufkommen einer lokal tĂ€tigen rechtspopulistischen Partei namens Vigilance.
Genf ist eine von elf Schweizer und eine von ĂŒber einhundert europĂ€ischen StĂ€dten, die 2015 von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa den Ehrentitel «Reformationsstadt Europas» verliehen bekommen haben.
Genf war bis 1870 die bevölkerungsreichste Stadt der Schweiz. Diesen Platz hat danach die Stadt ZĂŒrich ĂŒbernommen, wobei zwischen 1910 und 1995 auch die Stadt Basel bevölkerungsmĂ€ssig grösser war. Per 31. Dezember 2023 zĂ€hlte die Stadt Genf 206'635 Einwohner. Die Agglomeration Genf wird alle zehn Jahre anlĂ€sslich der VolkszĂ€hlung neu festgelegt und umfasste im Jahr 2007 471'314 Einwohner respektive landesĂŒbergreifend mit Frankreich 780'000 Einwohner. Der AuslĂ€nderanteil (gemeldete Einwohner ohne Schweizer BĂŒrgerrecht) belief sich am 31. Dezember 2023 auf 50,1 Prozent (97'949 Einwohner). Dies erklĂ€rt sich insbesondere durch die Anzahl der internationalen Organisationen in der Stadt und die grenznahe Lage zu Frankreich (der Kanton Genf wird beinahe vollstĂ€ndig von Frankreich umschlossen). Genfs StadtflĂ€che betrĂ€gt 15,89 Quadratkilometer. Daraus ergibt sich eine statistische Bevölkerungsdichte von 13'004 Einwohnern pro Quadratkilometer (31. Dezember 2023). Der erweiterte Ballungsraum, die Metropolregion Genf-Lausanne, zĂ€hlt 1,2 Millionen Einwohner.
Im Jahr 2012 bekannten sich 49,2 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren zum christlichen Glauben. 34,2 Prozent waren Angehörige der römisch-katholischen Kirche, 8,8 Prozent gehörten der evangelisch-reformierten Kirche und damit der Ăglise Protestante de GenĂšve an, 6,2 Prozent anderen christlichen Glaubensgemeinschaften. 38,0 Prozent waren konfessionslos, 6,1 Prozent gehörten islamischen Glaubensgemeinschaften und 1,6 Prozent jĂŒdischen Gemeinschaften an.
Die gesetzgeberische Gewalt wird durch den Munizipalrat (Conseil municipal) wahrgenommen. Er zĂ€hlt 80 Sitze und wird alle fĂŒnf Jahre direkt vom Volk im Proporzwahlverfahren mit einer Sieben-Prozent-HĂŒrde gewĂ€hlt. Der Munizipalrat bestimmt das Stadtbudget und stimmt ĂŒber Vorlagen der Stadtregierung (Conseil administratif) ab. Ausserdem kann er selbst Vorstösse lancieren. Die rechts stehende Grafik zeigt die Sitzverteilung nach den letzten Gemeindewahlen vom MĂ€rz 2025. FrĂŒhere Wahlergebnisse seit 1914 finden sich im Artikel Ergebnisse der Kommunalwahlen in Genf.
Die Stadtregierung (Conseil administratif, CA) besteht aus fĂŒnf gleichberechtigten Mitgliedern, die alle vier Jahre vom Volk in einer Majorzwahl einzeln gewĂ€hlt werden. Das Amt des StadtprĂ€sidenten (Maire) wechselt jĂ€hrlich im Turnus zwischen den Regierungsmitgliedern. FĂŒr den Zeitraum 1. Juni 2024 bis 31. Mai 2025 setzt sich die Stadtregierung wie folgt zusammen:
Bei den Schweizer Parlamentswahlen 2023 betrugen die prozentualen WĂ€hleranteile in Genf:
Das aktive Wahlrecht haben alle in der Stadt Genf wohnhaften Schweizer BĂŒrger sowie auslĂ€ndische BĂŒrger (Einwohner ohne Schweizer BĂŒrgerrecht), die seit mindestens acht Jahren in der Schweiz wohnhaft sind. Diese Regelung gilt seit 2005, als eine entsprechende kantonale Volksinitiative angenommen wurde. Das passive Wahlrecht ist weiterhin Schweizer BĂŒrgern vorbehalten.
Mit den Unterschriften von fĂŒnf Prozent der Wahlberechtigten kann eine Volksabstimmung ĂŒber einen Beschluss des Gemeinderates (Referendum) erzwungen oder ein eigener Vorschlag (Volksinitiative) eingereicht werden.
Die Stadtrepublik Genf prĂ€gte bis zum Jahr 1850 («Bundesgesetz ĂŒber das eidgenössische MĂŒnzwesen») ihre eigenen MĂŒnzen. Diese waren fĂŒr eine gewisse Zeit, wie in Frankreich lange Zeit ĂŒblich, in Sols unterteilt, danach wurden Francs geprĂ€gt.
1998 waren neun Privatbankiers in Genf domiziliert. Im Vergleich dazu gab es drei in ZĂŒrich und vier in Basel.
Als Heimat von Luxusuhrenherstellern wie Rolex (Hauptsitz), Omega, Patek Philippe, Vacheron Constantin, FrĂ©dĂ©rique Constant oder Baume & Mercier ist Genf eine der wichtigsten UhrenstĂ€dte der Welt. Bekannt sind die vom heimischen Handwerk eingefĂŒhrten QualitĂ€tsmerkmale wie Genfer Siegel (Poinçon de GenĂšve) und Genfer Streifen (CĂŽtes de GenĂšve, Filets). Ausserdem haben zahlreiche multinationale Unternehmen wie Procter & Gamble und Ralph Lauren ihren (europĂ€ischen) Hauptsitz in Genf. Ăber 28'000 Menschen arbeiten direkt fĂŒr die in Genf ansĂ€ssigen 30 internationalen Organisationen und die 172 akkreditierten Missionen; der Beitrag an der Wirtschaftsleistung des Kantons betrĂ€gt 9,2 Prozent.
Mit dem Bahnhof GenĂšve-Cornavin ist Genf gut ins europĂ€ische Schienennetz eingebunden. Von dem Kopfbahnhof Gare des Eaux-Vives bestand zudem eine Bahnverbindung nach Annemasse. Die neue Bahnstrecke GenĂšveâAnnemasse (CEVA), in Bau ab 1995, verbindet das schweizerische und das französische Netz seit dem 15. Dezember 2019. Genf verfĂŒgte bis 2012 ĂŒber eine Verladestelle fĂŒr AutoreisezĂŒge, ab 2016 fand dort kein Autotransport mehr statt.
Im Genfer Vorort Cointrin liegt der zweitgrösste Flughafen der Schweiz, der Aéroport International de GenÚve.
Genf liegt an der Schweizer Autobahn A1 und den französischen Autobahnen A 40 und A 41.
Der öffentliche Personennahverkehr wird in der Stadt durch die Transports publics genevois (TPG) abgewickelt, diese betreiben auch die Strassenbahn Genf mit vier Linien und den Trolleybus Genf mit sechs Linien. Ferner ist Genf durch die Personenschifffahrt auf dem Genfersee mit zahlreichen Uferorten des Genfersees verbunden.
Wegen der engen PlatzverhĂ€ltnisse und des stetigen Wachstums der Stadt sind die Verkehrswege stark ĂŒberlastet. Die MobilitĂ€tsfrage gehört neben der Wohnungsnot zu den dringendsten Themen der Stadt und des Kantons Genf. Versuche, dem drohenden Verkehrskollaps Abhilfe zu schaffen, beispielsweise durch eine BrĂŒcke oder einen Tunnel zur Seequerung, scheiterten bisher insbesondere an den politischen Auseinandersetzungen zwischen der Stadt- und der Kantonsregierung. Neben Lyon, Kopenhagen und Luxemburg ist Genf eine Pilotstadt fĂŒr autonome Minibusse im Rahmen des Horizon-2020-Projektes Autonomous Vehicles to Evolve to a New Urban Experience (Avenue).
Die Hans-Wilsdorf-BrĂŒcke ĂŒberquert die Arve.
Das Metropolitan Museum of Art hat 2006 im Zentrum von Genf ein neues BĂŒro eingerichtet, das als Kontaktstelle fĂŒr Sammler und KĂŒnstler dienen soll. In der Rhonestadt gibt es 120 Galerien und ein Zollfreilager, das wegen der dort zwischengelagerten Kunstwerke als grösstes «Museum» der Welt gilt, das allerdings nicht öffentlich zugĂ€nglich ist.
Wie jeder Schweizer Kanton hat der Kanton Genf sein eigenes Schulsystem. Es bestehen Primarschulen, untere Sekundarschulen (Cycle dâOrientation, Orientierungsschule), elf vierjĂ€hrige Gymnasien (davon acht auf dem Stadtgebiet: CollĂšge Calvin, CollĂšge de Candolle, CollĂšge Rousseau, CollĂšge Sismondi, CollĂšge Voltaire, CollĂšge Nicolas-Bouvier, CollĂšge Emilie-Gourd und CollĂšge AndrĂ©-Chavannes) und andere Schulen der Sekundarstufe II.
Die Fachhochschule Westschweiz (Haute Ă©cole spĂ©cialisĂ©e de Suisse occidentale) ist hier als Zentralhochschule vertreten mit den Hochschulen fĂŒr Kunst und Design; Landschaftsplanung, Ingenieurberufe und Architektur; Business Administration; Gesundheit; Sozialarbeit und Musik.
Die UniversitĂ€t Genf wurde 1559 gegrĂŒndet. Aus autonomen UniversitĂ€tsinstituten wurde 2008 das Hochschulinstitut fĂŒr internationale Studien und Entwicklung gebildet. Daneben existiert eine Vielzahl kleinerer PrivatuniversitĂ€ten wie das International Institute in Geneva (frĂŒher International University in Geneva) und die Webster University Geneva.
FĂŒr besondere Verdienste um den Ortsbildschutz erhielt Genf vom Schweizer Heimatschutz im Jahre 2000 den Wakkerpreis.
Nationale und internationale Bekanntheit erlangte die Stadt Genf im Sport unter anderem durch den Fussballverein Servette FC, der 17-mal den Schweizer Meistertitel erringen konnte, sowie durch das Eishockeyteam GenÚve-Servette HC. Eine örtliche Grossveranstaltung ist der jÀhrliche Genf-Marathon.
DarĂŒber hinaus ist Genf auch der Start- und Endpunkt der Segelregatta Bol dâOr sowie der Tour du LĂ©man fĂŒr Ruderboote, die jeweils auf dem Genfersee ausgetragen werden.
JĂ€hrlich am 12. Dezember wird mit der Escalade de GenĂšve die misslungene Eroberung durch Savoyen im Jahre 1602 gefeiert.
Im Messekomplex Palexpo werden zahlreiche Publikumsmessen und Fachmessen organisiert. Die wichtigsten internationalen Messen sind oder waren:
JÀhrlich finden regelmÀssig internationale Musikfestivals statt:
Die Stadt Genf vergibt seit 1947 alle vier Jahre Preise an Personen, die zur Ausstrahlung der Stadt in Kultur und Wissenschaft beigetragen haben (Prix de la Ville de GenĂšve).
Die Stadt Genf verleiht seit 1997 jĂ€hrlich mehrere Preise fĂŒr Comics (ab 2015 in Zusammenarbeit mit dem Kanton Genf), siehe Prix Rodolphe-Töpffer.
Genfer SpezialitĂ€ten sind die Longeole (Genfer Saucisson) und der Cardon Ă©pineux de Plainpalais, die beide vom Bundesamt fĂŒr Landwirtschaft als AOC bzw. geschĂŒtzte Herkunftsbezeichnung zertifiziert wurden; daneben auch das EntrecĂŽte CafĂ© de Paris.
Zur Escalade werden traditionell aus Schokolade geformte Töpfe mit MarzipanfĂŒllung verzehrt, die Marmites dâEscalade.
Genf beherbergt 34 internationale Organisationen (einschliesslich 5 der 15 spezialisierten Organisationen der Vereinten Nationen), unzÀhlige Programme der Vereinten Nationen und Fonds sowie weitere Organisationen.
Des Weiteren sind in Genf 175 Staaten vertreten. Insgesamt befinden sich 256 StÀndige Vertretungen, ReprÀsentationen und Delegationen in der Stadt.
UnabhÀngig davon ist Genf Sitz verschiedenster internationaler Organisationen.
Die Stadt Genf kennt keine expliziten StÀdtepartnerschaften, sondern erklÀrt sich mit der ganzen Welt verbunden.
Nachfolgend eine unvollstÀndige AufzÀhlung von Personen des öffentlichen Lebens mit Bezug zur Stadt Genf: