Die Region Aostatal (italienisch Valle dâAosta; französisch VallĂ©e dâAoste [valeËdÉst] ; frankoprovenzalisch Val dâOĂ»ta [val d'uta] ; walserdeutsch Augschtalann oder Ougstalland; deutsch veraltet Augsttal) ist eine autonome Region mit Sonderstatut in Italien. Die Region, amtlich Regione Autonoma Valle dâAosta â RĂ©gion Autonome VallĂ©e dâAoste, hat eine FlĂ€che von 3262 kmÂČ und 122.877 Einwohner (Stand 31. Dezember 2023). Sie ist somit die kleinste Region Italiens, sowohl flĂ€chen- als auch bevölkerungsmĂ€Ăig. Die Hauptstadt ist Aosta (französisch Aoste).
Die Region Aostatal grenzt nördlich an die Schweiz (Kanton Wallis), westlich an Frankreich (DĂ©partemente Haute-Savoie und Savoie), sĂŒdlich und östlich an die Region Piemont (Metropolitanstadt Turin, Provinzen Biella und Vercelli).
Die Region besteht aus dem Tal der Dora Baltea (französisch Doire BaltĂ©e), eines Nebenflusses des Po, und mehreren NebentĂ€lern in den Alpen. Der bedeutendste Zufluss der Dora Baltea ist der Buthier. GroĂe SeitentĂ€ler sind im Norden das Ferret-Tal, das Valpelline-Tal, das Valtournenche, das Ayas-Tal und das Lystal (auch Gressoney-Tal), und im SĂŒden das Val VĂ©ny, das Tal von La Thuile, das Valgrisenche-Tal, das RhĂȘmes-Tal, das Valsavarenche-Tal und das Cogne-Tal.
An der Westgrenze des Tales liegt der Mont Blanc, der höchste Gipfel der Alpen, an der Nordgrenze der Monte Rosa (französisch Mont Rose). Das Gebiet umfasst den nördlichen Teil des Nationalparks Gran Paradiso, einen Regionalpark (italienisch Parco Naturale del Mont-Avic, französisch Parc naturel du Mont-Avic) und mehrere kleinere Naturschutzgebiete sowie Skigebiete.
Das Aostatal ist nicht in Provinzen unterteilt. Alle provinzialen Kompetenzen sind an die Region ĂŒbergegangen. Allerdings sind die 74 Gemeinden â mit der Ausnahme Aostas â in acht Unionen Aostataler Gemeinden (französisch UnitĂ©s des Communes ValdĂŽtaines) organisiert, welche die frĂŒheren Berggemeinschaften (italienisch ComunitĂ montane, französisch CommunautĂ©s de montagne) abgelöst haben.
Die Gemeindenamen wurden wĂ€hrend der Zeit des Faschismus italianisiert, nach dem Zweiten Weltkrieg aber in ihrer französischen Fassung wiederhergestellt. Die italienischen Ăbersetzungen sind, anders als in SĂŒdtirol, abgeschafft worden. Nur die Hauptstadt trĂ€gt neben einem französischen zusĂ€tzlich einen italienischen Ortsnamen.
Nachstehend sind die gröĂten Gemeinden (> 2000 Einwohner) aufgelistet (Stand 31. Dezember 2007):
UrsprĂŒnglich von den keltischen Salassern bewohnt, wurde die Region ab dem 2. Jahrhundert vor Christus teilweise und im Jahr 25 vor Christus endgĂŒltig von den Römern erobert, die das Volk der Salasser durch Deportation und Versklavung auslöschten.
Die Römer grĂŒndeten die Kolonie Augusta Praetoria, das heutige Aosta, am FuĂe der Passwege ĂŒber den Kleinen und den Grossen St. Bernhard.
Burgunder, Ostgoten, Langobarden und Franken ergriffen sukzessive von dem Gebiet Besitz. Seit dem 11. Jahrhundert und bis 1946 gehörte das Aostatal zum Herrschaftsgebiet des Hauses Savoyen. Nur fĂŒr kurze Zeit fiel es unter französische Herrschaft (1691; 1704â1706, wĂ€hrend des Spanischen Erbfolgekrieges; 1796â1814 Anschluss durch Napoleon). Als Teil der Region Savoyen war es aber französisch- und frankoprovenzalischsprachig.
Im Jahr 1861 wurde das Aostatal Teil des Italienischen Königreiches und der Provinz Turin zugeschlagen. Das restliche Savoyen trat Italien an Frankreich ab.
Seit dem zweitgeborenen Sohn des ersten italienischen Königs Viktor Emanuel II., Amedeo, 1870â1873 König von Spanien, der Titel eines Duca di Aosta (Herzog von Aosta) verliehen wurde, fĂŒhrte diese Linie des Königshauses (bis 1946) den Titel fort.
WÀhrend des Faschismus wurde die Italianisierung massiv vorangetrieben. Französisch wurde verboten und eine massive Immigration von Italienern gefördert. 1927 wurde das Aostatal von Turin getrennt und zur Provinz erklÀrt.
Nach der Besetzung Italiens durch die Deutschen im September 1943 (Fall Achse), entwickelte sich das Aostatal zu einem der wichtigsten Zentren des italienischen Widerstandes (Resistenza) gegen die deutschen Besatzer und die mit diesen verbĂŒndete Italienische Sozialrepublik. Am 25. Februar 1973 verlieh der italienische PrĂ€sident Giovanni Leone hierfĂŒr der âProvincia di Aosta per la Valle d'Aostaâ die Goldene Tapferkeitsmedaille.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die kleine Region mit einem Sonderstatut versehen, um den annexionistischen Bestrebungen Frankreichs entgegenzusteuern und dem Wunsch der Valdostaner nach Autonomie zu entsprechen. Erster PrÀsident wurde der Historiker Federico Chabod.
Das Aostatal ist offiziell eine mehrsprachige Region.
Amtssprachen sind Italienisch und Französisch, die offiziell gleichgestellt sind. Auch in der italienischen Verfassung ist die doppelsprachige Version Valle dâAosta/VallĂ©e dâAoste verankert. Die öffentlichen Ămter richten sich nach der Zweisprachigkeit. In der Schule haben Italienisch und Französisch denselben Stellenwert. So mĂŒssen Abiturienten aus dem Aostatal sowohl eine Italienisch- als auch eine FranzösischprĂŒfung ablegen.
Aus einer Umfrage der Stiftung Ămile Chanoux ergab sich jedoch, dass Italienisch fĂŒr die weitaus meisten Valdostaner Muttersprache ist und nur noch ein Teil der Bevölkerung die traditionelle Volkssprache, einen frankoprovenzalischen Dialekt (Patois), als erste Sprache betrachtet. Frankoprovenzalisch hat in den lĂ€ndlichen SeitentĂ€lern aber nach wie vor eine starke Position und wird dort, anders als in Frankreich und in der Schweiz, noch von Vertretern aller Generationen gesprochen. Standardfranzösisch hingegen hat seine DomĂ€nen in den Bereichen Politik, Verwaltung und Kultur.
Aufgrund der Schulbildung haben beinahe 80 % der Einwohner des Aostatals Kenntnisse im Französischen, Frankoprovenzalisch beherrschen annĂ€hernd 70 % der BĂŒrger.
In den Ortschaften Gressoney-la-Trinité, Gressoney-Saint-Jean und Issime wird eine deutsche Mundart gesprochen. Das regionale Statut sieht den Schutz der kulturellen und sprachlichen Minderheit vor und gewÀhrleistet den muttersprachlichen Unterricht.
Das Walserdeutsche wird auch in der Provinz Verbano-Cusio-Ossola und in der Provinz Vercelli gesprochen. Die Anzahl der Sprecher wird auf 1.000 geschÀtzt.
Aufgrund des Sonderstatuts von 1948 ist das Aostatal eine autonome Region. Der Regionalrat ĂŒbt die autonomen Gesetzgebungsbefugnisse aus. Er besteht aus 35 RegionalrĂ€ten. DarĂŒber hinaus gibt es einen Regionalausschuss, dem der PrĂ€sident der Region vorsteht.
In Sachen Finanzen stehen dem Aostatal 90Â % der eingetriebenen Steuern zu. Das heiĂt, die Region hat pro Jahr und Einwohner etwa 12.000 Euro zur VerfĂŒgung.
Im italienischen Parlament ist das Aostatal durch einen Senator und einen Abgeordneten vertreten, die gemÀà dem Mehrheitswahlrecht gewĂ€hlt werden. WĂ€hrend alle anderen Regionen bei der Versammlung zur Wahl des StaatsprĂ€sidenten drei Vertreter entsenden, ist das Aostatal wegen seiner geringen GröĂe aber nur durch einen Deputierten vertreten.
Die politische BĂŒhne wurde lange Zeit von den autonomistischen Bewegungen Union ValdĂŽtaine und Stella Alpina sowie deren diversen Abspaltungen dominiert. Seit der Regionalwahl 2020 ist jedoch die rechtspopulistische Lega stĂ€rkste Kraft im Regionalrat, seit 2022 stellt sie auch die Vertreterin des Aostatals im italienischen Senat.
Durch das Regionalgesetz 6/2006 vom 16. MĂ€rz 2006 wurde das Lied Montagnes ValdĂŽtaines zur Hymne des Aostatals erkoren. Die Melodie stammt von Alfred Roland und hatte ursprĂŒnglich den Titel Tyrolienne des PyrĂ©nĂ©es.
EV ist in einem âWahlbĂŒndnisâ mit anderen Parteien und verfĂŒgt nur ĂŒber einen Sitz. Da EV die bekannteste Partei in dem BĂŒndnis ist wurde dort gleich â2â geschrieben, da da BĂŒndnis 2 Sitze hat.
Sonstige = Valdotain Rallye (5), PIA (2)
Die Mehrheit besteht aus UV, PD, PIA und SA, die zusammen auf 19 von 35 Sitzen â und somit auf eine knappe Mehrheit kommen.
Die Landwirtschaft spielt in der Region Aostatal noch immer eine wichtige Rolle. Aus den BergtĂ€lern der Region stammt der Fontina, ein KĂ€se mit geschĂŒtzter Herkunftsbezeichnung. Das gleichnamige Aostatal (Tal der Dora Baltea) ist auch ein bekanntes Weinbaugebiet (siehe Valle dâAosta (Wein)): FĂŒr seine Weine existiert seit 1985 die DOC âValle dâAostaâ oder âVallĂ©e dâAosteâ. Die Weine dĂŒrfen unter Verwendung dieser DOC in den Verkehr gebracht werden, sofern sie die Anforderungen erfĂŒllen.
Der bedeutendste Wirtschaftszweig ist der Tourismus. Bekannt sind die Wintersportorte Courmayeur und Breuil-Cervinia, das eine Skischaukel mit dem schweizerischen Zermatt verbindet.
Das Aostatal gehört zu den wohlhabendsten Regionen Italiens. Die Gemeinde Ayas war 2007 die reichste im gesamten Staat, das Durchschnittseinkommen pro Steuerzahler lag bei 66.408 Euro.
Im Vergleich mit dem Bruttoinlandsprodukt der EU ausgedrĂŒckt in Kaufkraftstandards erreicht die Region einen Index von 122 (EU-28:100) (2015). Im Jahr 2017 lag die Arbeitslosenquote bei 7,8Â %.
Die von Turin kommende italienische Autobahn A5 durchlĂ€uft das gesamte Aostatal und ist ĂŒber den Mont-Blanc-Tunnel an das französische Autobahnnetz (A40) angebunden.
Ăber den Alpenpass Kleiner Sankt Bernhard besteht eine Verbindung zum französischen Ort Bourg-Saint-Maurice. Der Alpenpass Grosser St. Bernhard mit dem 1964 eröffneten Grossen-St.-Bernhard-Tunnel verbindet den Ort Martigny in der Schweiz mit der Stadt Aosta.
AuĂerdem wird das Aostatal durch eine Eisenbahnstrecke von Chivasso ĂŒber Aosta nach PrĂ©-Saint-Didier erschlossen.
Der Flughafen Aosta ist der Regionalflughafen des Tales.
Die 2000 gegrĂŒndete UniversitĂ€t Aostatal hat ihren Sitz in Aosta und Saint-Christophe.
Das Aostatal ist mit den Orten Bard und Ătroubles in der Liste der Vereinigung I borghi piĂč belli dâItalia (die schönsten Orte Italiens) vertreten.
In Aosta und andern Gemeinden sind Monumente aus der römischen Zeit erhalten geblieben. Aus dem Mittelalter stammen mehrere groĂe Burgen, und am Unterlauf der Dora Baltea steht auf einem mĂ€chtigen Felsmassiv die neuzeitliche Festung von Bard.
Der Nationalpark Gran Paradiso wurde 1922 als erster Nationalpark in Italien eingerichtet.