Nusa Tenggara Timur, deutsch Ost-Nusa-Tenggara, (oder Ăstliche kleine Sundainseln) ist eine indonesische Provinz in der Region Nusa Tenggara, den Kleinen Sundainseln. Sie grenzt an den Staat Osttimor.
Die Provinz besteht aus 600 Inseln (nach anderen Angaben: 615), von denen die gröĂten Flores, Sumba und Timor (von der nur der Westteil zu Indonesien gehört) sind. Weitere Inseln sind Adonara, Alor, Komodo, Pantar, Raijua, Roti, Sawu, Semau und andere. Die Regierungsbezirke Westmanggarai (236 bzw. 244), Rote Ndao (101 bzw. 110) und Ostsumba (82 bzw. 78) weisen die meisten Inseln auf. Die Hauptstadt der Provinz ist Kupang auf Westtimor.
Bis 1975 bestand die HÀlfte der Insel Timor aus der Kolonie Portugiesisch-Timor. Nach der Ausrufung der UnabhÀngigkeit Osttimors besetzte Indonesien das Territorium und annektierte es bis 1999 völkerrechtswidrig. In dieser Zeit bildete Osttimor die indonesische Provinz Timor Timur. Nach drei Jahren UN-Verwaltung wurde Osttimor 2002 wieder unabhÀngig. Die Staatsgrenze zwischen Indonesien und Osttimor stellt die einzige Landgrenze der Provinz Nusa Tenggara Timur dar.
Nach GrĂŒndung der Indonesischen Republik entstanden acht Provinzen, darunter die Propinsi Sunda Kecil (Kleine Sundainseln). Diese wurde 1958 aufgelöst und in drei Provinzen aufgeteilt: Bali, Nusa Tenggara Barat (West) und Nusa Tenggara (Ost).
Seit 2013 teilt sich die Provinz in 21 Regierungsbezirke (Kabupaten) und die Stadt (Kota) Kupang, die sich wiederum in 315 Distrikte (Kecamatan) mit 3.353 Dörfern (Desa) gliedern, von denen 327 als Kelurahan stÀdtischen Charakter besitzen.
Anders als in den meisten anderen Regionen Indonesiens bekennt sich die Bevölkerung zu knapp 90 % zum Christentum (Stand: Juni 2022), die meisten sind Katholiken (2.952.615 oder 53,55 % der Gesamtbevölkerung), als Folge der Missionierung durch die Portugiesen im 17. und 18. Jahrhundert.
Protestanten waren mit 2.000.044 GlĂ€ubigen (36,27 %) vertreten. In den Regierungsbezirken Kupang, Alor, Rote Ndao (93,82 %), Sabua Rujia (90,56 %), Ostsumba, Westsumba, Zentralsumba, Nordzentraltimur und der Stadt Kupang ĂŒberwiegt die Zahl der Protestanten die der Katholiken. Dies liegt in der erst spĂ€ter erfolgten Christianisierung durch niederlĂ€ndische Missionare im 19. und 20. Jahrhundert begrĂŒndet.
Ăber eine halbe Million (9,44 %) Muslime sind zumeist aus anderen Regionen Indonesiens eingewandert. So finden sich besonders (> 20 %) im Westen der Insel Flores (Bezirke Alor, Lembata, Ostflores, Ende), im Bezirk Westmanggarai und in der Stadt Kupang (hier aber nur mit 14,34 % der Gesamtbevölkerung). Kleinere Minderheiten folgen dem Hinduismus und Buddhismus. Vor allem bei den erst spĂ€t christianisierten Völkern sind auch animistische Praktiken und Traditionen weit verbreitet.
Ende Juni 2022 lebten in der Provinz 4.678.150 Menschen, die 10 Jahre und Àlter waren. Dabei hatten den Familienstand (in Klammern die Anteile von der Gesamtbevölkerung):
68,24 Prozent oder 3.762.687 Personen gehörten zur erwerbsfĂ€higen Bevölkerung (15â64 Jahre); 25,78 % waren Kinder und 5,98 % im Rentenalter.
VolkszÀhlungsergebnisse
Mehrere Besiedlungswellen durchquerten die Region. Man vermutet, dass vedo-austronesische Völker etwa 40.000 bis 20.000 v. Chr., wĂ€hrend der letzten Eiszeit, vom Norden und Westen her Timor erreichten. Zu diesem Zeitpunkt waren die GroĂen Sundainseln durch LandbrĂŒcken mit dem asiatischen Kontinent verbunden und der Weg ĂŒber das Meer bis Timor deutlich kĂŒrzer. Die Einwanderer waren vergleichbar mit den Veddas im heutigen Sri Lanka und scheinen die gleichen Vorfahren zu haben. Ihre Nachkommen, die Atoin Meto (Atoni), reprĂ€sentieren wahrscheinlich die ursprĂŒngliche Bevölkerung Timors und zeichnen sich durch eine sehr dunkle Hautfarbe und glatte, schwarze Haare aus. Sie stellen die Bevölkerungsmehrheit im Westen der Insel. Ihnen folgten Melanesier, die um 3000 v. Chr. bis Timor vordrangen und schlieĂlich verschiedene austronesische Gruppen, die ursprĂŒnglich aus SĂŒdchina und dem nördlichen Indochina stammen.
Obwohl einige indonesische Publikationen der 1970er-Jahre angeben, dass das Srivijaya-Reich (7. Jahrhundert bis 13. Jahrhundert) bis nach Timor reichte, fehlen jegliche Quellen, um dies nachzuweisen. Selbst Bali und der Osten Javas gehörten nicht zu diesem Reich, obwohl diese westlich der heutigen Provinz Ost-Nusa Tenggara lagen und hinduistisch und buddhistisch geprĂ€gt waren. Vermutlich hinderten javanische Königreiche das Srivijaya-Reich an seiner Expansion in Richtung Osten. Möglicherweise erreichten aber HĂ€ndler Srivijayas die Region. NiederlĂ€ndische Historiker berichten, dass timoresisches Sandelholz bereits im 10. Jahrhundert durch die StraĂe von Malakka weiter nach China und Indien transportiert wurde.
Der chinesische Beamte fĂŒr Ăberseehandel Zhao Rukuo nannte Timor im Jahr 1225 einen Ort, der reich an Sandelholz sei. Santalum album findet sich nicht nur auf Timor, sondern auch auf verschiedenen Pazifikinseln, Madagaskar, Australien und in Indien, doch lieferten nur Timor, Sumba und Solor die höchste QualitĂ€t von weiĂem Sandelholz. Den Handel betrieben malaiische, chinesische und spĂ€ter auch arabische HĂ€ndler. Sie kauften in der Region Sandelholz, Sklaven, Honig und Bienenwachs. Mit dem AufblĂŒhen des örtlichen Handels entstanden lokale Herrscherfamilien. Die HĂ€ndler siedelten nicht auf dem fern den Handelsrouten zwischen China, Indien und den groĂen Inseln gelegenen Timor, sondern blieben immer nur so lange, wie sie mussten, um ihre GeschĂ€fte abzuwickeln.
Im Heldenepos Nagarakertagama des Majapahit-Reich, das in der Mitte des 14. Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreichte, wird auch eine lange Liste von tributpflichtigen Vasallenstaaten Majapahits aufgefĂŒhrt. Darunter findet sich auch Timor. Allerdings vermerkte der portugiesische Schreiber TomĂ© Pires im 16. Jahrhundert, dass alle Inseln östlich von Java Timor genannt wurden, da die Landessprache mit dem Wort âTimorâ den Osten bezeichnet. Bereits nach einem Jahrhundert zerfiel die Macht Majapahits aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Hinduprinzen und der Verbreitung des Islams in Malaya, dem Nordosten Sumatras und dem Norden Javas. Das muslimische Malakka gewann an Macht, sodass auch die javanischen HĂ€fen an Bedeutung verloren. Die chinesischen HĂ€ndler verschwanden fast zeitgleich zwischen 1368 und 1405. Grund war die selbstgewĂ€hlte Isolation Chinas von der AuĂenwelt. Als China von 1550 bis 1567 ein zweites Mal seinen HĂ€ndlern den AuĂenhandel verbat, ĂŒbernahmen zunĂ€chst die Portugiesen die Handelswege zwischen dem Reich der Mitte und Timor.
Der Portugiese Afonso de Albuquerque eroberte am 15. August 1511 das nördlich gelegene Sultanat von Malakka. Damit stand Portugal ein wichtiger StĂŒtzpunkt fĂŒr den Handel mit den Kleinen Sundainseln und vor allem den Molukken zur VerfĂŒgung, dem Hauptziel der portugiesischen Expansion in SĂŒdostasien. Um die GewĂŒrzinseln genannten Inseln zu finden, wurde bereits im folgenden November eine Expedition aus drei Schiffen unter AntĂłnio de Abreu entsandte. Nachdem die Schiffe die Molukken erreicht hatten, wandten sie sich nach SĂŒdwesten und erreichten 1512 als erste EuropĂ€er Timor, Solor und Alor. Auf Solor soll bereits damals eine portugiesische Siedlung gegrĂŒndet worden sein, die Keimzelle der portugiesischen Kolonien auf den Kleinen Sundainseln.
Anfangs unterhielten die Portugiesen auf Timor weder eine Verwaltung, noch MilitĂ€rgarnisonen oder Handelsposten. Diese wurden erst schrittweise als Reaktion auf die Bedrohung durch die NiederlĂ€nder aufgebaut, die ihren Einfluss einige Jahrzehnte spĂ€ter begannen, in der Region immer mehr auszudehnen. In den ersten Jahren wurden einige Soldaten unter einem CapitĂŁo fĂŒr Solor angeheuert. Ab 1575 stationierte man hier ein bewaffnetes Schiff mit 20 Soldaten und ab 1595 vergab Goa offiziell den Posten des CapitĂŁo, der die Aufgaben eines Gouverneurs fĂŒr die Region ĂŒbernahm â sehr zum Unmut der Dominikaner, die sich in ihren Rechten eingeschrĂ€nkt sahen. Der erste CapitĂŁo Goas war Antonio Viegas. 1586 wurden groĂe Teile Timors zur Kolonie Portugiesisch-Timor erklĂ€rt.
Am 20. April 1613 eroberten die NiederlĂ€nder unter Apollonius Schotte die Festung auf Solor. Die Portugiesen wichen nach Larantuka im Osten von Flores aus. Solor wechselte im Laufe der nĂ€chsten Jahrzehnte mehrfach zwischen den beiden KolonialmĂ€chten hin und her, wĂ€hrend Larantuka zum neuen portugiesischen Zentrum der Region wurde. Von Larantuka aus kontrollierten die Topasse das Handelsnetz in der Region, vor allem den lukrativen Sandelholzhandel. Die Topasse, auch Bidau, Larantuqueiros oder schwarze Portugiesen genannt, waren Nachfahren von portugiesischen Soldaten, Seeleuten und HĂ€ndlern, die Frauen von Solor und Flores heirateten. Nach niederlĂ€ndischen Berichten beherrschten die Topasse von Larantuka aus bereits 1623 die HĂ€fen an der NordkĂŒste Timors.
1640 entstand in Kupang der erste niederlĂ€ndische Posten auf Timor. 1681 eroberten die NiederlĂ€nder die Insel Roti, von wo in Folge Sklaven nach Timor gebracht wurden. AuĂerdem rekrutierten die NiederlĂ€nder auf Roti Soldaten fĂŒr ihre Armee und bauten Schulen, nachdem der dortige Herrscher 1729 zum Christentum konvertiert war. Aus den Rotinesen wurde eine gut ausgebildete Elite. Um sich diese als Gegengewicht zu den Timoresen nutzbar zu machen, förderten die NiederlĂ€nder deren Einwanderung nach Westtimor, so dass sie und ihre Sprache noch heute hier prĂ€sent sind. Ab 1756 hatten die Niederlande nach der Schlacht von Penfui zumindest nominell die Oberhoheit ĂŒber Westtimor erkĂ€mpft.
1797 versuchten die EnglĂ€nder Kupang zu besetzen, da man befĂŒrchtete, dass sich hier Frankreich festsetzen könnte. Die Briten wurden aber vom niederlĂ€ndischen Kommandanten mit Hilfe von Einheimischen und Sklaven vertrieben. WĂ€hrend der napoleonischen Kriege gelang den EnglĂ€nder 1811 die Besetzung Kupangs. 1812 wurde die britische Kontrolle auf das gesamte niederlĂ€ndische Westtimor ausgedehnt. Erst nach der RĂŒckkehr der Oranier auf den niederlĂ€ndischen Thron erhielten die NiederlĂ€nder am 7. Oktober 1816 offiziell ihre timoresische Besitzungen zurĂŒck.
1851 verkaufte der portugiesische Gouverneur JosĂ© Joaquim Lopes de Lima ohne Autorisation aus Lissabon, auĂer der Kernkolonie Portugiesisch-Timor, die verbliebenen portugiesischen Gebiete und AnsprĂŒche auf den Kleinen Sundainseln fĂŒr 200.000 Florins an die Niederlande. Lissabon erkannte den Verkauf nicht an und lieĂ Lopes verhaften. Er starb auf der RĂŒckfahrt nach Europa. Ab 1854 wurden die Vereinbarungen neu verhandelt. Im Vertrag von Lissabon wurde der Verkauf schlieĂlich bestĂ€tigt. Die Ratifizierung erfolgte 1859. Die endgĂŒltige Grenzziehung zwischen NiederlĂ€ndisch-Indien und Portugiesisch-Timor erfolgte erst 1914. Allerdings mussten die NiederlĂ€nder bis 1915 stĂ€ndig AufstĂ€nde niederschlagen, die auf Timor, Flores und anderen Inseln fast jedes Jahr ausbrachen. Oft bestand nur eine formale niederlĂ€ndische Oberhoheit, wĂ€hrend die einheimischen Herrscher (Raja) die wirkliche Regierungsgewalt vor Ort hatten.
Zwischen 1942 und 1945 besetzten die Japaner im Pazifikkrieg die Inseln. Nach der Indonesische UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung am 17. August 1945 begann der NiederlĂ€ndisch-Indonesische Krieg (1947/48). Ost-Nusa Tenggara stand dabei nie unter Kontrolle der UnabhĂ€ngigkeitsbewegung. 1949 erkannten die Niederlande die SouverĂ€nitĂ€t Indonesiens an, auch ĂŒber Ost-Nusa Tenggara.
Die lokale Verwaltung blieb bis 1958 in den HĂ€nden der einheimischen Herrscher. Trotz ihrer spĂ€teren Entmachtung, haben ihre Familien noch heute groĂen Einfluss in der Gesellschaft.
Von 1975 bis 1999 besetzte Indonesien das benachbarte Osttimor. In einem UnabhĂ€ngigkeitsreferendum entschied sich die dortige Bevölkerung fĂŒr die UnabhĂ€ngigkeit von Indonesien. WĂ€hrend und nach der Krise in Osttimor 1999 wurden 250.000 Osttimoresen nach Westtimor deportiert oder flohen hierher. WĂ€hrend ein GroĂteil wieder in ihr Heimatland zurĂŒckkehrte, lebten 2005 noch 30.000 FlĂŒchtlinge im indonesischen Westtimor. An der Grenze der beiden LĂ€nder kommt es immer wieder zu kleineren ZwischenfĂ€llen, weil einige kleine Grenzabschnitte noch nicht genau festgelegt sind.