Lothringen (französisch Lorraine [lÉËÊÉn]) ist eine Landschaft im Nordosten Frankreichs. Sie ist der mittlere Teil der Region Grand Est. Von 1960 bis Ende 2015 bildete Lothringen, das auf das historische Herzogtum Lothringen zurĂŒckgeht, eine eigene Region mit der Hauptstadt Metz, bestehend aus den DĂ©partements Meurthe-et-Moselle, Meuse, Moselle und Vosges. Das so definierte Lothringen hat eine FlĂ€che von 23.547 kmÂČ und 2.323.064 Einwohner (Stand 1. Januar 2022).
Im innerdeutschen Sprachgebrauch bezeichnet der historische Begriff Lothringen teilweise nur den von 1871 bis 1918 zum Deutschen Reich gehörenden Bezirk Lothringen beziehungsweise das von 1940 bis 1945 existierende CdZ-Gebiet Lothringen, die beide das heutige Département Moselle umfassten.
Lothringen liegt im Nordosten Frankreichs an den OberlĂ€ufen von Maas (französisch Meuse), Mosel (Moselle), Saar (Sarre) und SaĂŽne. Es bildet den östlichen AuslĂ€ufer des Pariser Beckens. Die Ostgrenze wird von den Vogesen gebildet. Der höchste Punkt ist der Hohneck mit 1364 Metern Höhe. Lothringen grenzt im Norden an die belgische Provinz Luxemburg, das GroĂherzogtum Luxemburg sowie die deutschen BundeslĂ€nder Saarland und Rheinland-Pfalz. Mit diesen angrenzenden Gebieten bildet Lothringen eine europĂ€ische GroĂregion sowie rund um das DreilĂ€ndereck die Europaregion Saar-Lor-Lux. Im Osten grenzt Lothringen an das Elsass und im SĂŒden an die Region Bourgogne-Franche-ComtĂ©. Westlich schlieĂt sich die Champagne an.
Das lothringische Wappen zeigt in Gold einen roten SchrĂ€grechtsbalken, der mit drei silbernen AlĂ©rions (gestĂŒmmelten Adlern) belegt ist. Es geht auf das Wappen des Herzogtums Lothringen zurĂŒck. Der SchrĂ€gbalken mit den Adlern tritt um das Jahr 1195 in den Siegeln von Herzog Simon II. auf. Der lothringische Benediktinerabt und Historiker Augustin Calmet berichtet in seiner âHistoire de Lorraineâ von der Ăberlieferung, dass der lothringische Adler angeblich von Kaiser Friedrich Barbarossa in Anlehnung an den kaiserlichen Reichsadler an Herzog MatthĂ€us I. von Lothringen verliehen worden sei, um die enge Beziehung des Herzogtums zum Heiligen Römischen Reich zu verdeutlichen. Dieses kaiserliche heraldische Privileg sei dem lothringischen Herzog Theobald I. anlĂ€sslich seiner Hochzeit mit Gertrud von Dagsburg durch Kaiser Friedrich II. bestĂ€tigt worden. Die AdlerstĂŒmmelung kam erst im 15. Jahrhundert hinzu. Das Motiv ist auch in den Wappen der DĂ©partements Meurthe-et-Moselle, Moselle und Vosges, im Landeswappen des Saarlandes und in vielen kommunalen Wappen enthalten.
Das Lothringer Kreuz (Croix de Lorraine) war das Zeichen des jĂŒngeren Hauses Anjou, das von 1431 bis 1473 in Lothringen herrschte. Bekannt wurde es vor allem als Symbol des freien Frankreich und der französischen Exil-Regierung unter Charles de Gaulle sowie ihrer militĂ€rischen VerbĂ€nde. 1972 wurde das Lothringer Kreuz als Motiv fĂŒr die GedenkstĂ€tte fĂŒr Charles de Gaulle in Colombey-les-Deux-Ăglises (DĂ©partement Haute-Marne) gewĂ€hlt.
Das ĂŒberwiegend von keltischen StĂ€mmen besiedelte Gebiet um die Mosel wurde in den Jahren 58 bis 51 v. Chr. von Gaius Iulius Caesar im Gallischen Krieg erobert und spĂ€ter Teil der römischen Provinz Gallia Belgica. In der SpĂ€tantike wurde bei der Verwaltungsreform Kaiser Diokletians im Jahr 295 n. Chr. die Gallia Belgica neugegliedert in die Provinzen Belgica I im SĂŒden und Belgica II im Norden. Die Belgica I (Belgica Prima) entsprach bereits ungefĂ€hr dem Gebiet der heutigen Region Lothringen, umfasste zusĂ€tzlich aber auch einen Teil des unteren Mosellaufs mit der bedeutenden Metropole Augusta Treverorum (das römische Trier). Wichtige lothringische StĂ€dte wie Metz (Divodurum) oder Verdun (Virodunum) haben ihren Ursprung in römischer Zeit. Das Gebiet war von der galloromanischen Kultur geprĂ€gt, moselromanische Sprachinseln ĂŒberlebten sogar die Völkerwanderungszeit bis zum Beginn des Hochmittelalters. Zugleich lebten aber auch germanische Siedler in der Provinz, viele davon Laeten im römischen MilitĂ€rdienst.
451 zogen die Hunnen unter Attila von Trier die Mosel entlang nach Metz und eroberten die Stadt am 7. April, sie wurde geplĂŒndert und zerstört. Die Hunnen zogen weiter Richtung Paris, wurden aber in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern von einer Koalition aus römischen, ostgotischen und frĂ€nkischen Armeen geschlagen. Der Aufstieg der Franken in Gallien begann. In der Ăbergangszeit von der SpĂ€tantike zum FrĂŒhmittelalter fiel das Gebiet der Provinz Belgica I zunĂ€chst in den Herrschaftsbereich der Alamannen und wurde dann im 5. Jahrhundert ein Teil des FrĂ€nkischen Reichs.
Aus einer Dreiteilung des FrĂ€nkischen Reichs entstand 843 das Lotharii Regnum, das nach seinem König benannte âReich des Lotharâ oder Lotharingien. Es lag in der Mitte zwischen dem Ost- und dem WestfrĂ€nkischen Reich und erstreckte sich ursprĂŒnglich als langgestrecktes Territorium vom Mittelmeer bis zur Nordsee. 870 wurde das Gebiet wieder zwischen dem Ost- und WestfrĂ€nkischen Reich aufgeteilt. Der Name Lotharingien blieb jedoch im Reichsverband erhalten, wobei zunĂ€chst zwischen dem von der Mosel durchflossenen Oberlothringen und dem nördlich daran anschlieĂenden Niederlothringen unterschieden wurde. WĂ€hrend Niederlothringen im Mittelalter bald in mehrere FĂŒrstentĂŒmer zerfiel, bestand im oberlothringischen Raum das Herzogtum Lothringen fort, das bis 1766 Teil des Heiligen Römischen Reiches war.
1635 griff Frankreich in den DreiĂigjĂ€hrigen Krieg ein und unterstĂŒtzte die schwedischen Truppen, die erfolgreich im Elsass und in Lothringen gegen die kaiserlichen Truppen kĂ€mpften. Lothringen war von den KĂ€mpfen weniger betroffen, schlimmer war eine Pestepidemie, die ab 1620 fĂŒr ca. 20 Jahre wĂŒtete, die man auf einen Einfall der Mansfeldschen Truppen zurĂŒckfĂŒhrte. Nach dem WestfĂ€lischen Frieden 1648, der Lothringen nur teilweise betraf, verfolgte Frankreich unter Ludwig XIV. die Reunionspolitik, die zur Eroberung Lothringens fĂŒhrte. Auslöser oder Vorwand war die UnterstĂŒtzung der Fronde, ein Aufstand gegen den französischen König, durch Karl IV., Herzog von Lothringen. Lothringen wurde dann zu einer Provinz des Königreichs Frankreich, das bereits im vorangegangenen Jahrhundert das Elsass annektiert hatte.
Die von 1960 bis 2015 bestehende Region Lothringen umfasste das Kerngebiet des historischen Oberlothringen.
Um 1850 begann die Industrialisierung in der Region Nancy. 1850 wurde die Bahnstrecke NancyâMetz eröffnet, 1851/52 die durchgehende Eisenbahnstrecke von Reims ĂŒber Nancy nach StraĂburg und von Metz ĂŒber SaarbrĂŒcken nach Mannheim. Frankreich begann ab 1867 mit dem Bau eines Moselkanals zwischen Frouard und Metz, um Lothringen mit dem französischen Kanalnetz zu verbinden. Eine nutzbare Moselkanalisierung erfolgte aber erst in den Jahren 1858 bis 1879. Ab der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts begann auch der Abbau von Steinkohle der saarlĂ€ndisch-lothringischen LagerstĂ€tte, allerdings in geringerem AusmaĂ als in der benachbarten Saarregion. Im Jahr 1858 verkĂŒndete Napoleon III. offiziell die Entdeckung des Kohlebeckens in Lothringen, bis 1867 entstanden sieben SchĂ€chte.
Nach dem Sieg PreuĂens und seiner VerbĂŒndeten im Deutsch-Französischen Krieg 1871 wurden die Gebiete mit einer mehrheitlich deutschsprachigen Bevölkerung im Nordosten Lothringens als Bezirk Lothringen zusammen mit dem Elsass zum Reichsland ElsaĂ-Lothringen zusammengeschlossen und dem neu gegrĂŒndeten Deutschen Reich angegliedert. Der Grenzverlauf in Lothringen schloss dabei französischsprachiges Gebiet in gröĂerem Umfang ein, insbesondere die Stadt Metz und ihr Umland. Das neu geschaffene Reichsland besaĂ â anders als die ĂŒbrigen deutschen Gliedstaaten â anfangs keine EigenstĂ€ndigkeit und war unmittelbar dem Deutschen Kaiser unterstellt. Mit dem Elsass und dem nordöstlichen Teil Lothringens wurden dabei zwei LĂ€nder miteinander verbunden, die jeweils eine eigenstĂ€ndige regionale IdentitĂ€t besaĂen. WĂ€hrend das Elsass zum alemannischen Kulturraum gehörte, war der deutschsprachige Teil Lothringens Teil des frĂ€nkischen Kulturraums. Eine anfangs in Betracht gezogene Angliederung Lothringens an die Pfalz (Bayern) und des Elsass an das GroĂherzogtum Baden, die dieser kulturrĂ€umlichen NĂ€he Rechnung getragen hĂ€tte, wurde jedoch wieder verworfen.
Der gröĂere Teil Lothringens verblieb 1871 auf französischer Seite. Wegen der neuen Grenzziehung wurde ein neues DĂ©partement eingerichtet: Das zum ĂŒberwiegenden Teil bei Frankreich verbliebene DĂ©partement Meurthe mit der Hauptstadt Nancy wurde mit dem westlichen Teil des ehemaligen DĂ©partements Moselle zum DĂ©partement Meurthe-et-Moselle vereinigt.
Die Industrialisierung der Region setzte sich fort und in der Folgezeit entstand eine leistungsfÀhige Schwerindustrie beiderseits der Grenze im Bereich Metz, Diedenhofen und Nancy.
1893 wurde der Marne-Rhein-Kanal von Reims ĂŒber Nancy nach StraĂburg eröffnet.
In den Jahren 1914 bis 1918 war Lothringen eines der Hauptkampfgebiete an der Westfront (Erster Weltkrieg). Hier fand 1914 die Schlacht in Lothringen und 1916 die Schlacht um Verdun statt. Nach der deutschen Niederlage wurde 1918 der nordöstliche Teil Lothringens durch den Friedensvertrag von Versailles wieder vom Deutschen Reich getrennt und als DĂ©partement Moselle von Frankreich annektiert. Danach galt die französische Sprache gesetzlich als alleinige Amts- und Schulsprache, auch fĂŒr die deutschsprachige Bevölkerung. Alle deutschen Einwohner, die erst nach 1871 zugezogen waren, wurden ausgewiesen, aus Elsass-Lothringen insgesamt 250.000 Personen, davon 100.000 aus Lothringen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Lothringen im Juni 1940 (Westfeldzug) von Truppen der Wehrmacht besetzt. Nach der Kapitulation Frankreichs wurde das DĂ©partement Moselle als CdZ-Gebiet Lothringen einem Chef der Zivilverwaltung (CdZ), dem NSDAP-Politiker Josef BĂŒrckel, unterstellt und faktisch wie Reichsgebiet behandelt. Die deutsche Sprache wurde als Amts- und Schulsprache wieder vorgeschrieben. Die nichtdeutschsprachige Bevölkerung wurde zu einem betrĂ€chtlichen Teil ausgewiesen, bis Oktober 1943 nach zeitgenössischen Angaben etwa 80.000 Personen, was 15 Prozent der Bevölkerung entsprach.
Das Gebiet sollte spĂ€ter zusammen mit dem Saarland und der Pfalz den Reichsgau Westmark bilden. Als Hauptstadt war SaarbrĂŒcken geplant, wo der Chef der Zivilverwaltung bereits seinen Sitz hatte. Das Gebiet wurde in das Deutsche Reich nicht mehr förmlich eingegliedert.
Lothringen und das Elsass wurden im November und Dezember 1944 von alliierten StreitkrĂ€ften zurĂŒckerobert und wieder Teil Frankreichs. Die französische Sprache wurde wieder alleinige Amts- und Schulsprache â auch fĂŒr die deutschsprachige Bevölkerung.
Die Region Lothringen entstand 1960 mit der Einrichtung der Regionen in Frankreich. 1972 erhielt die Region den Status eines Ătablissement public unter Leitung eines RegionalprĂ€fekten. Nach langen kontroversen Diskussionen zwischen den beiden rivalisierenden StĂ€dten Nancy und Metz, die beide den Status der Regionalhauptstadt fĂŒr sich beanspruchten, wurde diese Frage im Jahr 1974 zugunsten von Metz entschieden.
Durch die Dezentralisierungsgesetze von 1982 erhielten die Regionen den Status von CollectivitĂ©s territoriales (Gebietskörperschaften), wie ihn bis dahin nur die Gemeinden und die DĂ©partements besessen hatten. Im Jahre 1986 wurden die RegionalrĂ€te erstmals direkt gewĂ€hlt. Seitdem wurden die Befugnisse der Region gegenĂŒber der Zentralregierung in Paris schrittweise erweitert. Zum 1. Januar 2016 wurde die Region Lothringen mit den benachbarten Regionen Champagne-Ardenne und Elsass zur Region Grand Est fusioniert.
Die sĂŒdlichen, zentralen und westlichen Teile Lothringens gehören von Alters her zum französischen, die nordöstlichen Teile Lothringens zum deutschen Sprachraum. Eine Besonderheit der Sprachgrenze in Lothringen ist, dass weder geografische noch politische Grenzen mit der Sprachgrenze zusammenfielen. Bis ins 19. Jahrhundert blieb die Sprachgrenze relativ stabil und verlagerte sich danach nach Nordosten. Die französische Sprache, die der deutschlothringischen Bevölkerung im Nordosten Lothringens seinerzeit von Frankreich als Amts- und Schulsprache verordnet wurde, hat die deutsche Sprache (mittelfrĂ€nkische Dialekte) mittlerweile weitestgehend verdrĂ€ngt. In einigen (lĂ€ndlichen) Gebieten werden allerdings noch â vorwiegend von der Ă€lteren Generation â die deutschen Mundarten (Lothringisch, MoselfrĂ€nkisch und RheinfrĂ€nkisch) gesprochen.
Durch die lange Zugehörigkeit Lothringens zum Heiligen Römischen Reich bzw. zum Deutschen Reich, war die Entwicklung der Religion verschieden von Frankreich. Beim Konkordat von 1801 war Lothringen Teil Frankreichs, beim Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat 1905 war es Teil des Deutschen Reiches, die Trennung erfolgte nicht. Die Geistlichen werden vom Staat besoldet, ihre Ausbildung erfolgt an staatlichen UniversitĂ€ten. Die Katholische Kirche vereinigt die Mehrheit der GlĂ€ubigen. Sie ist in vier BistĂŒmern organisiert: Bistum Verdun, Bistum Saint-DiĂ©, Bistum Nancy-Toul und Bistum Metz. Viele Christen in Lothringen gehören der Protestantische Kirch an, die sich 2006 mit der Protestantische Kirche im Elsass vereinigt hat. Juden lebten seit vielen Jahrhunderten und fast durchgĂ€ngig in Lothringen. Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen viele Muslime aus den französischen Kolonien nach Lothringen, sie wurden langsam in die religiösen Strukturen integriert: Ausbildung der Imame an UniversitĂ€ten, Islamunterricht an den Schulen. Ăber die Anteile der Religionen an der Bevölkerung gibt es nur grobe SchĂ€tzungen: In Frankreich ist die Erfassung von Ethnie, Religion u. Ă€. nicht erlaubt. In Elsass-Lothringen leben ca. 235.000 Reformierte Christen, in ganz Frankreich lebten 2015 ca. 4,5 Mio. Muslime.
Mit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts und dem Aufschwung der Industrie starb in Lothringen die lĂ€ndliche Trachtenbekleidung aus. Der aus Trier stammende KĂŒnstler August Migette (1802 in Trier â 1884 in Metz) ĂŒberlieferte in seinen Aquarellstudien vom Mai 1866, die heute im Metzer Stadtmuseum (MusĂ©es de Metz) aufbewahrt werden, die traditionelle Kleidung in der Region.
Die MĂ€nner trugen Leinenhemden mit hochstehendem Kragen, der ĂŒber einer mehrfach um den Hals geschlungenen Halsbinde aus schwarzer Seide herausschaute. Die vor der Französischen Revolution ĂŒblichen Culotte-Hosen der MĂ€nner wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts allmĂ€hlich durch die langen Pantalon-Hosen ersetzt. Teilweise hatten diese Hosen an den Waden seitliche Knopfreihen. Zu den kurzen Hosen trug man niedrige Schnallenschuhe. An gewöhnlichen Sonntagen trug man beim Kirchgang eine dunkelblaue oder graue Bluse, die an hohen kirchlichen Feiertagen, Hochzeiten sowie Beerdigungen um einen langen dunkelfarbigen Gehrock (Frack, Chasse, Scheck, Anglaise) ergĂ€nzt wurde. Als Kopfbedeckung trug der Mann zur Bluse eine weiĂgrundige ZipfelmĂŒtze, die mit blauen und roten Garnen durchwirkt war. Die passende Kopfbedeckung zum Gehrock war ein groĂer, breitkrempiger Hut. Die Gesichter waren bartlos und glattrasiert.
Den Hals umrahmte ein fein gefaltelter Kragen. Der Oberkörper wurde nicht durch eine Korsett geformt, sondern durch ein Ă€rmelloses, fest anliegendes Leibchen mit HĂŒftwulst. Ăber dem Leibchen trug man an Werktagen ein dreieckig zusammengelegtes quadratisches Halstuch, das ĂŒber der Brust zusammengeheftet wurde. Die beiden Zipfel des Tuches wurden unter den SchĂŒrzenbund gesteckt und vom SchĂŒrzenband gehalten. Die FeiertagsschĂŒrzen waren aus Seide gefertigt. Als Halsschmuck trug man ein silbernes oder goldenes Kreuz, das ĂŒblicherweise an einem schwarzen Halsband befestigt war. Wohlhabendere Frauen trugen statt des schwarzen Bandes eine goldene Gliederkette. Der Halsschmuck wurde zuweilen mit goldenen Ohrringen ergĂ€nzt. Die Haare waren in der Mitte gescheitelt, straff gekĂ€mmt und am Hinterkopf gesteckt. DarĂŒber trug die Lothringerin eine wattierte und gesteppte Haube. In Deutsch-Lothringen war der tellerartige Hinterkopfteil der Haube höher ausgebildet als im französischsprachigen Teil des Landes. Die vorherrschende Farbe war weiĂ, allerdings kam auch schwarz vor. An Feiertagen wurde oft ĂŒber diese Haube eine fein gewirkte Ăberkappe oder âNebelkappeâ gezogen. Ausgehend von dem von Königin Marie-Antoinette getragenen, unwattierten âBonnet Ă la reineâ wurde die altlothringische Haube allmĂ€hlich verdrĂ€ngt. Bei der sommerlichen Feld- und Gartenarbeit trugen die Frauen auch Strohkappen.
An Feiertagen wurde ĂŒber dem Leibchen zusĂ€tzlich ein kurzes JĂ€ckchen getragen. Auf dem HĂŒftwulst des Leibchens ruhte der Rockbund, um eine falten- und stoffreiche Glockenform zu erzeugen. Die Festtagsröcke waren meist aus feiner Seide in dezenten Farben hergestellt. Die Röcke lieĂen die FĂŒĂe frei sichtbar. Die kunstvoll gestrickten StrĂŒmpfe in weiĂer, grauer oder blauer Grundfarbe waren im sichtbaren Bereich zwischen Schuh und Rocksaum bunt bestickt. Die Ferse der absatzlosen Frauenschuhe war niedrig. Ăber dem FuĂspann wurde der Schuh mit einem kleinen Riemchen gehalten.
Die bevölkerungsreichsten StÀdte Lothringens sind:
Die Region Lorraine war in vier Départements untergliedert:
Lothringen erbringt 3,4 % des französischen BIP (40,4 Mrd. Euro). Im Vergleich mit dem BIP der EuropĂ€ischen Union ausgedrĂŒckt in Kaufkraftstandards erreichte die Region 2006 einen Index von 89,0 (EU-27 = 100).
Schwerpunkt der Wirtschaft ist der Dienstleistungssektor, gefolgt von der Industrie. Die Montanindustrie hat ihre frĂŒhere Bedeutung verloren. Vor allem im Gebiet um Thionville und Hayange hat dieser Strukturwandel der letzten Jahrzehnte weg von Stahl und das Verschwinden der Lothringer Bergwerke zu einer hohen Arbeitslosigkeit gefĂŒhrt, die bisher nicht durch Ansiedlung neuer Branchen ausgeglichen werden konnte. Daher ist die Region, die einst ein industrielles Zentrum war, zu einer der wirtschaftlich schwĂ€chsten und Ă€rmsten Frankreichs geworden. TrĂ©mery ist Standort der weltweit gröĂten ProduktionsstĂ€tte fĂŒr Dieselmotoren. Ein weiterer Standort der Automobilindustrie ist Smartville Hambach.
Mit dem Aufstieg des Finanzplatz Luxemburg nahm die Zahl der lothringer Pendler (franz.: frontaliers) zu. Mit mehr als 114.000 Pendlern im Jahr 2023 wurde dies ein wichtiger Wirtschaftszweig.
Weinbaugebiete befinden sich jeweils an der Mosel in den Landschaften CĂŽtes de Moselle bei Metz und Sierck-les-Bains sowie in der CĂŽtes de Toul bei der gleichnamigen Stadt Toul, auĂerdem an der Seille und an der oberen Maas um Vigneulles-lĂšs-HattonchĂątel (CĂŽtes de Meuse (IGP)). Die zweitgröĂte französische Brauerei Brasserie Champigneulles befindet sich in Lothringen.
2011 zĂ€hlte Lothringen 846.400 ArbeitsplĂ€tze, in der Industrie sind seit 1990 ca. 80.000 verloren gegangen, dagegen hat der Dienstleistungssektor um ca. 110.000 zugenommen. Mit 16 % war der Industriesektor etwas umfangreicher als in Frankreich gesamt, dafĂŒr war der tertiĂ€re Sektor etwas geringer. Nur noch 5.300 Menschen arbeiteten in der Landwirtschaft, 10.000 ArbeitsplĂ€tze gingen hier verloren. Das Wachstum zwischen 1990 und 2011 war etwas geringer in Lothringen als in Frankreich. Der Bergbau und verwandte Erwerbszweige (Steine und Erden) trugen nur noch 3,7 % zum Bruttosozialprodukt in Lothringen bei. Die Textil- und Lederindustrie spielte immer noch eine wichtige Rolle. Auch die Automobilindustrie war mit Smart, Evobus (Mercedes), Peugeot und Continental in Sarreguemines vertreten. Die Luxusindustrie wurde durch die Kristallfabriken in Saint-Louis, Baccarat und Nancy (Daum), Emailleschmuck in Longwy und Keramiken in LunĂ©ville reprĂ€sentiert, die 2.600 Arbeiter beschĂ€ftigten.
In Lothringen gibt es mehrere Hochschulen, darunter drei UniversitĂ€ten in Nancy und eine in Metz. Diese unterhalten mehrere AuĂenstellen in kleineren StĂ€dten Lothringens. Weiterhin sind mehrere Grandes Ăcoles in Lothringen ansĂ€ssig. Insbesondere die im Institut National Polytechnique de Lorraine zusammengefassten Ingenieurhochschulen genieĂen teilweise einen hervorragenden Ruf in Frankreich.
Der Sprachunterricht an den Schulen Lothringens trĂ€gt der Historie und der geographischen Lage an der Sprachgrenze mittlerweile Rechnung. Seit 1976 wird Deutsch im Departement Moselle im Programm voie spĂ©cifique mosellane bereits in der Primarschule (Ăcole maternelle) gelehrt. Im Angebot steht dafĂŒr ein dreistĂŒndiger normaler Sprachunterricht oder ein sechs- oder neunstĂŒndiger bilingualer Unterricht. In unmittelbarer GrenznĂ€he bieten einzelne Schulen sogar sprachlich Unterricht zu gleichen Teilen â je 13 Stunden Deutsch und Französisch â an. Die Behörden versuchen hierfĂŒr muttersprachliche Deutschlehrer â auch aus dem benachbarten Saarland â einzusetzen.
30 Prozent der SchĂŒler in Lothringen wĂ€hlen heute Deutsch als erste Fremdsprache. 26 Prozent beginnen spĂ€testens in der Grundschule mit dem Deutschunterricht. Damit hat Deutsch an den Schulen Lothringens eine deutlich stĂ€rkere Position gegenĂŒber Englisch im Vergleich zum französischen Durchschnitt. In knapp 100 weiterfĂŒhrenden Schulen (CollĂšges und LycĂ©es) wird verstĂ€rkter oder bilingualer Deutschunterricht angeboten. An ausgewĂ€hlten Schulen â in der Regel in GrenznĂ€he zu Deutschland â ist es möglich, mit dem französischen BaccalaurĂ©at gleichzeitig das deutsche Abitur zu erwerben.
Partner auf deutscher Seite der weitergehenden UnterrichtsmaĂnahmen ist in der Regel das Bundesland Saarland, wo umgekehrt eine â im Vergleich zum Bundesschnitt â deutlich stĂ€rkere Förderung der französischen Sprache an den Schulen stattfindet.
Eine Förderung der originÀren lothringischen deutschen Dialekte findet an den Schulen entgegen den Forderungen entsprechender Vereine und Regionalparteien nicht statt.
Der FC Metz stieg zur Saison 2021/22 aus der Ligue 1, der höchsten Spielklasse im französischen FuĂball, in die Ligue 2, der zweithöchsten Spielklasse, ab. Wiederum stieg die AS Nancy aus der Ligue 2 in die National 1, der dritten Liga in Frankreich, ab. Die AS Nancy gewann 2006 die Coupe de la Ligue. In der Saison 2006/07 erreichte diese im UEFA-Cup das Sechzehntelfinale. Da das Gebiet des DĂ©partement Moselle einst gröĂtenteils deutsches Staatsgebiet war, gibt es dort auch Vereine, die ihre Wurzeln in deutschen VorgĂ€ngerklubs haben. Beispielsweise wurde der FC Metz im Jahr 1912, als die Stadt Metz Teil des Deutschen Kaiserreiches war, als SpVgg 1912 Metz gegrĂŒndet.
Einer der berĂŒhmtesten Lothringer, der französische Politiker und AuĂenminister Robert Schuman, einer der Wegbereiter der europĂ€ischen Einigung, wurde 1886 in Luxemburg geboren und starb 1963 in Scy-Chazelles.