Die Vogesen ([voËgeËzÉn], Pluraletantum; frz. les Vosges [voËÊ], dt. frĂŒher auch Wasgauen, Wasgenwald oder Wasigenwald) sind ein Mittelgebirge in Frankreich mit der höchsten Erhebung von 1424 m. Sie sind gemeinsam mit dem PfĂ€lzerwald, der sich nördlich des Gebirges ohne morphologische Trennung anschlieĂt, Teil eines einheitlichen Mittelgebirgsraumes von etwa 8000 kmÂČ GesamtflĂ€che, der sich von der Burgundischen Pforte (Linie BelfortâRonchampâLure) bis zur Börrstadter Senke (Linie WinnweilerâBörrstadtâGöllheim) erstreckt und die westliche Begrenzung der Oberrheinischen Tiefebene bildet.
Der Name leitet sich vermutlich von dem ursprĂŒnglich keltischen, spĂ€ter von den Römern in Gallien ĂŒbernommenen Berg- und Waldgott Vosegus (auch Vosagus, Vosacius) ab.
Historisch, naturrĂ€umlich und geologisch gesehen erstrecken sich die Vogesen von der Burgundischen Pforte im SĂŒden bis zur Zaberner Steige im Norden. Sie bilden das sĂŒdwestliche Randgebirge des Oberrheingrabens. Das sich nördlich an die Zaberner Steige anschlieĂende Gebiet bis zur französisch-deutschen Grenze wird in Frankreich ebenfalls zu den Vogesen gezĂ€hlt und dort als âNordvogesenâ (Vosges du Nord) bezeichnet, allerdings bildet dieses Gebiet keine Einheit mit den eigentlichen Vogesen, sondern geologisch und naturrĂ€umlich mit dem nördlich anschlieĂenden PfĂ€lzerwald. Beide Gebiete bilden das grenzĂŒberschreitende BiosphĂ€renreservat PfĂ€lzerwald-Vosges du Nord. Diese âNordvogesenâ werden zusammen mit dem sĂŒdlich der Queich liegenden Teil des PfĂ€lzerwalds auch als Wasgau bezeichnet.
In den sĂŒdlichen Vogesen, zwischen Burgundischer Pforte und Breuschtal, haben die meisten markanten Berge eine durch Erosion und GletschertĂ€tigkeit entstandene Rundkuppe, darunter der ElsĂ€sser Belchen (1247 Meter), der GroĂe Belchen (1424 Meter) und der Kleine Belchen (1272 Meter). Zwischen Breuschtal und Zaberner Steige dominieren tafelartig geformte Berge aus rotem Sandstein der Formation Buntsandstein (untere Trias). Sie erreichen in Rocher de Mutzig (1010 Meter) und Donon (1009 Meter) ihre gröĂten Höhen. Der Wasgau hingegen ist durch niedrig gelegene Berge und BergrĂŒcken, vielfĂ€ltige Bergformen (zum Beispiel Kegelberge) und bizarre Sandsteinfelsen gekennzeichnet.
Die höchsten Berge sind:
Eine Auswahl weiterer Vogesengipfel:
Die Kammlinie des Gebirges bildet gröĂtenteils die Grenze zwischen den französischen Regionen Elsass im Osten und Lothringen im Westen, die ĂŒber einige wichtige PĂ€sse verbunden sind (von SĂŒd nach Nord):
Anders als der Schwarzwald besitzen die Vogesen zwischen Burgundischer Pforte und Zaberner Steige einen durchgehend verlaufenden Hauptkamm. Er trennt die nach Ost und West laufenden TÀler streng voneinander ab. Auch die meisten der höchsten Erhebungen liegen auf dem Hauptkamm. Da die Vogesen Teil eines leicht nach West gekippten Schichtstufenlandes sind, sind manche der höchsten Erhebungen allerdings auch am Ostrand der Vogesen zu finden.
In den Vogesen gibt es zahlreiche Seen. Die bekanntesten sind:
Entstanden ist das Mittelgebirge im TertiĂ€r (genauer EozĂ€n) vor rund 50 Millionen Jahren durch eine bis heute anhaltende tektonisch bedingte Anhebung, aus der heraus zunĂ€chst ein mit dem Schwarzwald zusammenhĂ€ngendes Gebirge resultierte. Dann senkte sich der Oberrheingraben ab, der seither die beiden BergzĂŒge trennt. Die Anhebung hatte auch die Entstehung des nordfranzösischen beziehungsweise sĂŒdwestdeutschen Schichtstufenlandes zur Folge.
Die Vogesen sind aus Gneisen, Graniten, palĂ€ozoischen Schiefern und Vulkaniten aufgebaut. Im Norden und Westen taucht das Grundgebirge unter die jĂŒngeren Gesteine des Buntsandsteins ab, die nördlich der Breusch (frz. Bruche) die OberflĂ€chengestalt des Gebirges bestimmen. Im Osten fĂ€llt das GelĂ€nde an StaffelbrĂŒchen zur Oberrheinebene ab, dort sind auch Ablagerungen aus der Trias und dem Jura erhalten. Abgebaut wurden Blei und Silber, spĂ€ter auch Baryt (z. B. bei Sainte-Marie-aux-Mines oder Sainte-Croix-aux-Mines). Im SĂŒden und nach Osten hin gab es einige kleine Vorkommen von Steinkohle (Kohlebergbau in den Vogesen und im Jura).
Die Vogesen gehören zum Typus der glazial ĂŒberprĂ€gten Mittelgebirge. Ihre Gesteine gehören zum armorikanischen Gebirgssystem. Sie sind das erste groĂe Hindernis fĂŒr die feuchten Luftmassen vom Atlantik und haben deshalb stĂ€rkere NiederschlĂ€ge als der benachbarte Schwarzwald. In den vergangenen Eiszeiten gab es deshalb auch eine stĂ€rkere glaziale AktivitĂ€t.
Als typische Landschaftsformen findet man eine Reihe von Karen, in denen hÀufig Karseen (Bsp.: Lac Blanc) und Moore liegen.
Wie in fast allen Gebirgen der gemĂ€Ăigten Zone hĂ€ngt die Vegetation auch in den Vogesen von den Höhenstufen ab:
Im Bereich der Hochvogesen haben sich an verschiedenen Stellen (z. B. am Tanet (1293 m) nördlich des Col de la Schlucht) Hochmoore entwickelt, die teilweise als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind. Auch aus verlandenden Karseen (z. B. im Frankenthal nordwestlich des Hohneck, am Lac de Lispach oder am Etang du Devin in der Nordostflanke des TĂȘte des Faux) entwickeln sich Moore.
Neben den ĂŒblichen heimischen Wildtieren finden sich in den Vogesen vereinzelt die EuropĂ€ische Wildkatze sowie durch WiedereinbĂŒrgerung der Biber, der Luchs und die GĂ€mse. Das fĂŒr die Vogesen besonders typische Auerhuhn ist vom Aussterben bedroht.
Im Vergleich zwischen den Vogesen und dem Schwarzwald fĂ€llt zunĂ€chst der etwas stĂ€rkere Niederschlag auf. Dies liegt an der exponierten Lage der Vogesen, wodurch die Luft vom Atlantik abgefangen wird, und durch Steigungsregen einen Teil ihrer Feuchte verliert. WĂ€hrend der Eiszeiten fĂŒhrte dies auch zu einer stĂ€rkeren Vergletscherung der Vogesen. WĂ€hrend die einander zugewandten Seiten der beiden Gebirge Ă€hnlich steil sind, da hier jeweils der Rhein als Vorfluter dient und somit die Erosionskraft vergleichbar ist, kann man an den AuĂenseiten deutliche Unterschiede erkennen. Der Schwarzwald fĂ€llt deutlich flacher ab, da sein östlicher Vorfluter die Donau ist, die wegen ihres schwachen GefĂ€lles und des langen Weges bis zum Schwarzen Meer eine deutlich geringere Erosionskraft hat als der Rhein. Auf der Westseite der Vogesen ist jedoch die zum tiefer verlaufenden Rhein flieĂende Mosel der Vorfluter. Daraus folgt eine stĂ€rkere fluviatile Zerschneidung der Westvogesen als des Ostschwarzwaldes.
Im Unterschied zum Schwarzwald findet sich in den Vogesen ein in Nord-SĂŒd-Richtung verlaufender Kamm. Dieser Kamm entstand bzw. entsteht durch beidseitige erosive Zerschneidung. Er beginnt sĂŒdlich der Zaberner Steige mit dem GroĂen Rosskopf (811 m) und endet am Roc du Plainet (807 m) bei Ronchamp in der Burgundischen Pforte. Am Kamm können sich vor allem in den Hochvogesen durch den Wind die gefĂŒrchteten Wechten â ĂŒberhĂ€ngende Schneebretter â bilden, die eine Gefahr fĂŒr Wintersportler darstellen können. Anders als im Schwarzwald, der vor allem in seinem Mittel- und SĂŒdteil bis in Höhen von etwa 1000 m dauerhaft besiedelt ist, findet in den Kammlagen der SĂŒdvogesen â zum Beispiel im Bereich des MĂŒnstertals (franz. VallĂ©e de Munster) â lediglich Almwirtschaft statt: Die KĂŒhe werden im Winter abgetrieben, die fermes geschlossen, die KammstraĂe Route des CrĂȘtes wird nicht vom Schnee befreit und verschwindet teilweise unter Skipisten (Kastelberg). Besiedelung und Bewirtschaftung sind auch in tiefer gelegenen Regionen weit weniger intensiv als im Schwarzwald und lediglich in den TĂ€lern vergleichbar.
Im Laufe der Jahrhunderte erfolgte eine fĂŒr Waldgebiete typische langsame Verdichtung der Besiedlung. WĂ€lder wurden unter anderem fĂŒr Ackerbau, Viehzucht und frĂŒhindustrielle Anlagen (Köhlereien, oder die bedeutenden GlashĂŒtten) gerodet. Die Wasserkraft zog MĂŒhlen nach sich. Nicht nur in Gebieten mit BodenschĂ€tzen konnte Siedlungskonzentration und Zuwanderung stattfinden. Im Bergbaugebiet des Lebertals fand beispielsweise Zuwanderung sĂ€chsischer Bergbaufachleute statt. Kriege, Seuchen oder Religionskonflikte konnten Landstriche entvölkern â im Nachgang wurden nicht selten Menschen aus anderen Regionen angesiedelt.
In vorrömischer Zeit waren die Vogesen siedlungsleer oder von Kelten besiedelt und beherrscht. Nach der römischen Epoche siedelten im Osten auch Alemannen, im Nordwesten auch Franken. Entgegen weit verbreiteter Annahme fĂ€llt der Hauptkamm der Vogesen nur in den SĂŒdvogesen mit der historischen romanisch-germanischen Sprachgrenze zusammen. Altromanisch sind östlich des Hauptkamms: das Tal der Weiss um Lapoutroie, das Tal der LiĂšpvrette (modern auch Val dâArgent, das heiĂt Tal des Silbers), Teile des Weilertals (VallĂ©e de VillĂ©) und Teile des Breuschtals (VallĂ©e de la Bruche). Dagegen gehören die nördlich des Breuschtales gelegenen Teile der Nordvogesen und der gesamte Wasgau zum germanischen Sprachraum, da ab Schirmeck die historische deutsch-französische Sprachgrenze nach Nordwesten abbiegt und zwischen Donon und Mutzigfelsen Richtung Saarburg (Lothringen) (frz. Sarrebourg) verlĂ€uft. Die germanischen Gebiete der Vogesen zĂ€hlen zum alemannischen Dialekt- und Kulturraum, die romanischen Gegenden zum Gebiet des Patois. Die Verbreitung der Sprachen und Dialekte hĂ€ngt fĂŒr einen langen Zeitraum grundsĂ€tzlich mit dem Gang von Besiedlungsbewegungen zusammen. Hingegen zeigt der zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert erfolgte elsassweite Wechsel von Deutsch zu Französisch als Verkehrssprache keine wesentlichen VerĂ€nderungen in der Besiedlung mehr an.
Die Vogesen waren in merowingischer Zeit (5.â7. Jahrhundert) wenig besiedelt, aber kulturhistorisch bedeutsam durch das in den Westvogesen gelegene Kloster Luxeuil, in dem sich der Ire Columban einige Zeit aufhielt, bevor er ĂŒber die Alpen nach Oberitalien zog, um dort die Abtei Bobbio zu grĂŒnden. Aus dem Kloster Luxeuil sind vorkarolingische Handschriften erhalten (Codex Ragyndrudis).
Im Ersten Weltkrieg waren die Vogesen Schauplatz erbitterter KĂ€mpfe. Auf der Ostseite der Vogesen liegen groĂe Soldatenfriedhöfe (z. B. Hartmannswillerkopf). Auch heute noch sind an vielen Stellen die SchĂŒtzengrĂ€ben deutlich sichtbar, in denen sich die Feinde oft nur wenige Meter voneinander entfernt gegenĂŒberlagen. Auf der Westseite des Vogesenkammes verlĂ€uft kurz unterhalb der Gipfel die Route des CrĂȘtes (GratstraĂe), eine MilitĂ€rstraĂe, die von der Französischen Armee als VersorgungsstraĂe zur Sicherung des gerade eroberten Terrains gegen die von Osten anrĂŒckenden Deutschen gebaut wurde. Anders als die meisten anderen StraĂen verbindet sie keine Orte untereinander. Heute ist diese StraĂe eine beliebte Touristenstrecke, vor allem fĂŒr MotorrĂ€der.
WĂ€hrend die TĂ€ler der Vogesen schon lange besiedelt sind und schon frĂŒh industrialisiert wurden (z. B. Textil, Bergwerke, siehe Bergbau in den Vogesen), finden sich auf mittleren Höhen verstreute âfermesâ â Bauernhöfe aus Stein mit weiten, flachen DĂ€chern. In den mittleren Höhen wurden auch SteinbrĂŒche betrieben, deren WeiterfĂŒhrung sich aber heute nur noch in wenigen FĂ€llen lohnt. Auf den weitgehend unbewaldeten Höhen der Hochvogesen findet Almwirtschaft statt, höhere Lagen sind oft nicht dauerhaft besiedelt. Die meisten dieser hochgelegenen AlmhĂŒtten befinden sich an Orten entlang des Vogesenkammes in den SĂŒdvogesen und bieten als âferme aubergeâ einfaches Essen an (z. B. âRoigabraggeldiâ = Bratkartoffeln) und gelegentlich auch Unterkunft. Insgesamt ist die landwirtschaftliche Nutzung der oberen Regionen weniger intensiv, was dazu beitrĂ€gt, dass die Landschaft oft wild wirkt: Steine und Felsblöcke sind nicht beiseitegeschafft, StrĂ€ucher und Ginster ĂŒberwuchern die HĂ€nge.
Wirtschaftlich ist fĂŒr die höheren Regionen damit vor allem die touristische Nutzung: ĂŒberwiegend lokaler Tourismus und aus den BeneluxlĂ€ndern, fĂŒr die die Vogesen die nĂ€chste höhere Erhebung darstellen. Im Winter werden dafĂŒr Skigebiete angeboten, die fĂŒr ein Mittelgebirge zum Teil sehr groĂ sind (zum Beispiel: La Bresse, Hohneck und GĂ©rardmer mit jeweils zirka 20 Liften). Die geringe Schneesicherheit gleicht man mit Schneekanonen aus. Es gibt zahlreiche Langlaufloipen. Im Sommer kann man in den Vogesen wandern, klettern (Rocher de Martinswand), mit dem Gleitschirm fliegen u. Ă. Die OstabhĂ€nge mit ihren WeinhĂ€ngen und pittoresken Dörfern profitieren von Touristen.
Zwei Naturparks liegen in den Vogesen: der Regionale Naturpark Ballons des Vosges und der Regionale Naturpark Vosges du Nord. Der Regionale Naturpark Vosges du Nord bildet zusammen mit dem auf deutscher Seite liegenden Naturpark PfĂ€lzerwald das grenzĂŒberschreitende BiosphĂ€renreservat PfĂ€lzerwald-Vosges du Nord.
Das französische DĂ©partement Vosges (88) ist nach dem Gebirge benannt; gleichwohl erstrecken sich die Vogesen auch auf fĂŒnf weitere DĂ©partements. Verwandt ist der Name der sĂŒdwestlich an die Vogesen anschlieĂenden VĂŽge, deren Name sich aus dem Femininum Vosagia entwickelt hat. Zudem hat die deutsche Bezeichnung Wasgau fĂŒr den sich nördlich der Zaberner Steige bis zur Queich erstreckenden Gebirgsraum den gleichen Namensursprung wie die Wörter Vosges und Vogesen.