Die Sierra de Guadarrama ist eine maximal 2428 m hohe Bergkette in Zentralspanien, die den mittleren Teil des Iberischen Scheidegebirges bildet.
Die Sierra de Guadarrama erhielt ihren Namen durch den Fluss Guadarrama, der im Inneren des Gebirgszuges entspringt. Das Wort Guadarrama kommt vom arabischen ÙŰ§ŰŻÙ Ű§Ù۱ÙÙ Ù / WÄdÄ« ar-raml, was âFluss des Sandesâ bedeutet (WÄd = âFlussâ, raml = âSandâ). Der Ursprung des Namens zeigt, welchen wichtigen Einfluss die arabisch-maurische Besetzung vom 7. bis 11. Jahrhundert auf dieses Gebiet hatte.
Die Sierra de Guadarrama befindet sich zwischen der Sierra de Gredos in der spanischen Provinz Ăvila und der Sierra de AyllĂłn in der Provinz Guadalajara. Die Bergkette erstreckt sich von SĂŒdwesten nach Nordosten, reicht dabei sĂŒdlich in die Provinz Madrid hinein, und besitzt AuslĂ€ufer nach Norden in die Provinz Segovia. Die GesamtlĂ€nge betrĂ€gt etwa 80 km und erreicht mit dem höchsten Berg Peñalara eine Höhe von 2428 m.
Die NĂ€he des Gebirges zur Hauptstadt Madrid hat dazu gefĂŒhrt, dass es als Naherholungsgebiet der Stadt heutzutage stark ĂŒberlaufen ist. Eine Vielzahl von PĂ€ssen sowie einige Eisenbahnlinien ermöglichen die ErschlieĂung der Sierra de Guadarrama. Auch fĂŒr sportliche AktivitĂ€ten werden die Berge genutzt, wie beispielsweise das Vorhandensein von mehreren Skigebieten bezeugt. Schon in der Geschichte Spaniens hat die Sierra de Guadarrama aufgrund ihrer NĂ€he zur Hauptstadt eine groĂe Rolle gespielt.
Die etwa 80 km lange Sierra de Guadarrama verlĂ€uft von SĂŒdost nach Nordost und ist Teil der natĂŒrlichen Verwerfung zwischen der nördlichen und der sĂŒdlichen Meseta. Diese bilden den mittleren Teil der iberischen Halbinsel, und den östlichen Teils des iberischen Scheidegebirges (Sistema Central). Der FuĂ dieser Berge liegt auf einer Höhe von 900 bis 1200 m, die mittlere Höhe der wichtigsten Berge liegt bei ungefĂ€hr 1000 m. Der höchste Berg ist der Peñalara mit seinen knapp 2430 m. Die Sierra de Guadarrama beginnt im Tal des Flusses Alberche, der sie von der Sierra de Gredos trennt, und endet am Pass von Somosierra, der als Wasserscheide der Einzugsgebiete der FlĂŒsse Tajo und Duero dient. So mĂŒnden die FlĂŒsse Jarama, Guadarrama und Manzanares in den Tajo, und die FlĂŒsse DuratĂłn, Cega und Eresma in den Duero. Die geographischen Koordinaten des nordöstlichen Endes der Sierra liegen bei 41°4' N 3°44' O, die Koordinaten des sĂŒdwestlichen Endes bei 40°22' N 4°18' O.
AuĂer dem Haupthöhenzug geht von der Sierra ein Nebenarm ab, der in Ost-West-Richtung verlĂ€uft. Er trĂ€gt den Namen Cuerda Larga oder Montes Carpetanos, obwohl der zweite Name auch genutzt wird fĂŒr den nördlichen Teil des Haupthöhenzuges, zwischen Peñalara und Somosierra. Dieser Nebenarm beginnt am Pass von Navacerrada, ist 15 km lang und reicht bis ins Stadtgebiet der Hauptstadt Madrid. Bis dieser Nebenarm den Pass von Morcuera erreicht, ist der imposante Höhenzug an keiner Stelle niedriger als 2000 m. Ab hier verringert sich seine Höhe bis zum Bergmassiv von Patones, wo die FlĂŒsse Lozoya und Jarama zusammenflieĂen. Der höchste Berg des Nebenarmes Cuerda Larga ist der Cabezas de Hierro mit 2383 m.
Zwischen der Cuerda Larga und dem Hauptgebirgszug der Sierra de Guadarrama erstreckt sich das Tal des Lozoya (Valle del Lozoya), eines der besten Beispiele fĂŒr ein Bergtal des iberischen Scheidegebirges (Sistema Central). Das Tal ist von groĂer touristischer Bedeutung, sowohl im Winter (Bergsport, Ski) als auch im Sommer. Neben dem Hauptgebirgszug gibt es einen weiteren Nebenzug, der sich La Mujer Muerta (âdie tote Frauâ) oder Sierra del Quintanar nennt. Dieser Nebenzug beginnt am Pass von FuenfrĂa (puerto de la FuenfrĂa), verlĂ€uft von Osten nach Westen und liegt komplett in der Provinz Segovia. Er ist 11 km lang, und mehrere seiner Berge ĂŒberschreiten die 2000 m, unter anderem der Monton de Trigo (âWeizenbergâ).
ZusĂ€tzlich zu den HauptgebirgszĂŒgen Cuerda Larga und Mujer Muerta existieren verschiedene kleinere GebirgszĂŒge und HĂŒgel am Rand der groĂen Gebirge. Auf dem Gebiet der Provinz Segovia liegen, von Nord nach SĂŒd, der Cerro de las Cardosillas (1635 m), der Cerro de Matabueyes (1485 m), der Cerro del Caloco (1565 m) und die Sierra de Ojos Albos (1662 m). Auf der Seite der Provinz Madrid befinden sich, von Nord nach SĂŒd, der Cerro de San Pedro (1423 m), die Sierra del Hoyo (1404 m), der Cerro Cañal (1331 m) und Las Machotas (1466 m).
Die Sierra de Guadarrama ist ein Höhenzug mit einer sanften Silhouette, also ohne besonders hervorstehende einzelne Berge, obwohl es natĂŒrlich Ausnahmen gibt. In der nachfolgenden Liste sind die höchsten Erhebungen der Sierra de Guadarrama aufgezĂ€hlt:
Die Sierra de Guadarrama entstand durch das Aufeinandertreffen zweier tektonischer Platten, dem sĂŒdlichen Sub-Plateau und dem nördlichen Sub-Plateau, die beide zur Meseta (Meseta Central) der iberischen Halbinsel gehören. Die Sierra entstand wĂ€hrend der alpinen Gebirgsbildung im KĂ€nozoikum (auch Erdneuzeit genannt), das vor ca. 65,5 Mio. Jahren begann; sie ist somit wesentlich Ă€lter als beispielsweise die PyrenĂ€en, Alpen, Anden oder der Himalaja. Das Gestein, auf dem die Sierra aufsitzt (der Granitsockel der Meseta), ist Ă€lter, und stammt aus der Variszischen Orogenese wĂ€hrend des PalĂ€ozoikums (auch Erdaltertum genannt), als die Kontinentalkollision dazu fĂŒhrte, dass aus Laurasia und Gondwana Pangaea entstand. Weil die Gesteine seit ihrer Entstehung starker Erosion ausgesetzt waren, sind heute sowohl die Berggipfel, die bei den Bergleuten als Cuerdas (âSeileâ) bekannt sind, als auch die nördlichen und sĂŒdlichen AuslĂ€ufer sehr abgeflacht.
WÀhrend des mittleren PalÀozoikums (vor 360 bis 290 Mio. Jahren) entstand Gneis durch Faltenwurf und Metamorphose aus Granit und Sedimenten. WÀhrend des oberen PalÀozoikums (vor 290 bis 250 Mio. Jahren) wurde der Gneis gebrochen, wodurch Magma an die OberflÀche treten konnte, die dort aushÀrtete und eine Hochebene (meseta) mit einem Granitsockel bildete. WÀhrend des Perm, in der letzten Phase des PalÀozoikums, wurde das gesamte Gebirge durch die Plattentektonik angehoben. Seit Beginn des Mesozoikums (vor 250 bis 65 Mio. Jahren), und bis heute, wurden die Berge abgetragen und die Silhouette abgeflacht.
Ebenfalls wĂ€hrend dieser Zeit sorgte eine Verschiebung der Ozeane dafĂŒr, dass die Sierra Teil eines Ozeans wurde (es ist möglich, dass die heutigen Berge zu diesem Zeitpunkt als kleine Inseln kaum ĂŒber die WasseroberflĂ€che ragten). Hierdurch entstanden Sedimentationsbecken, in denen sich aus den Ablagerungen spĂ€ter Kalk bildete. Diese befinden sich heute am Rand und im Inneren der Sierra. Einige davon kann man in El VellĂłn, La Pinilla oder in Patones sehen.
WĂ€hrend des KĂ€nozoikums (Erdneuzeit), d. h. vor etwa 65 bis 1,8 Mio. Jahren, wurde die Sierra erneut angehoben und in jene Blöcke geteilt, die wir noch heute vorfinden. Durch die Erosion des Gesteinsmassivs fĂŒllten sich die TĂ€ler mit Sandstein. Die Gletscher des QuartĂ€rs (Eiszeit) (vor 1,8 Mio. Jahren bis heute) hinterlieĂen in der Sierra de Guadarrama kleine Kare sowie durch Gletscher gestaltete Seen und MorĂ€nen. Beispiele hierfĂŒr können am Berg Peñalara gefunden werden. Auch die Berge El Nevero und La Maliciosa weisen noch Spuren der Eiszeit auf. Die Geomorphologie, wie wir sie heute vorfinden, wurde schlieĂlich in den letzten Millionen Jahren beendet. Sie entstand durch die Einwirkungen der Gletscher, durch die Konsolidierung der FlusslĂ€ufe, und durch das Abtragen von TĂ€lern und das Herausbilden von Terrassen.
Die HĂŒgel Torralba und Ambrona liegen etwa 150 km nordöstlich von Madrid. Auf den sich gegenĂŒberliegenden HĂŒgeln befand sich ein altpalĂ€olithischer Jagdplatz aus der Zeit um 400.000 v. Chr. Der zentrale Teil der Sierra de Guadarrama gehörte bereits in römischer Zeit der Stadt Segovia, einschlieĂlich aller WĂ€lder und Weiden auf beiden Seiten des Gebirges. Dennoch kam es mit der Reconquista und der anschlieĂenden RepoblaciĂłn des Taifa-Königreichs Toledo (11. und 12. Jhd.) bald zu Konflikten mit Madrid und Guadalajara, die ebenfalls Teile der Sierra de Guadarrama beanspruchten. Ein strategisch wichtiger Punkt war die Burg von Manzanares el Real, die dem Ducado del Infantado aus der Familie Mendoza gehörte.
Im 19. Jahrhundert schrieb die durch Javier de Burgos vorgenommene Einteilung Spaniens in Provinzen die Aufteilung der Berge zwischen Madrid und Segovia fest. Seither ist die Gipfellinie der Sierra de Guadarrama die Grenze zwischen Neukastilien und Altkastilien.
Als natĂŒrliche Barriere war dieses Gebirge in vielen Kriegen und Fehden Schauplatz entscheidender Schlachten. Hier verlief jahrhundertelang die Grenze zwischen den christlichen Königreichen im Norden und den moslemischen Reichen im SĂŒden. Aus dieser Zeit sind mittelalterliche StĂ€dte samt ihren Stadtmauern erhalten geblieben, wie Buitrago de Lozoya bei Madrid oder Pedraza bei Segovia, sowie Burgen wie die von Manzanares el Real.
Auch im Spanischen UnabhĂ€ngigkeitskrieg gegen die französischen Eroberer kam es im Jahr 1808 an einem Pass in der Sierra de Guadarrama zur Schlacht von Somosierra. Die napoleonischen Truppen, verstĂ€rkt durch polnische Lanzierer, vertrieben unter hohen Verlusten die spanischen Verteidiger vom Pass. Zur Erinnerung an diese Entscheidungsschlacht, die dem französischen Heer den Weg nach Madrid öffnete, wurde ein Denkmal auf dem Pass errichtet. Der Name âSomosierraâ findet sich auch auf dem Triumphbogen in Paris. 1923 wurde die Bahnstrecke CercedillaâCotos eröffnet. WĂ€hrend fast des gesamten Spanischen BĂŒrgerkriegs war die Sierra de Guadarrama Frontgebiet, entlang der Gipfellinie sind heute noch SchĂŒtzengrĂ€ben und Kasematten erhalten. Der Guadarrama-Pass hieĂ zur Zeit der Franco-Diktatur âAlto de los Leones de Castillaâ, um an den Versuch der falangistischen Milizen zu erinnern, den Pass 1936 einzunehmen. Das riesige Betonkreuz im Valle de los CaĂdos erinnert an all diese Geschehnisse.
Seit dem Mittelalter wird das Gebirge in der Literatur erwĂ€hnt. In Reisebeschreibungen werden die Serranas, lĂ€ndliche Hirten, von Juan Ruiz als grausam, von Ăñigo LĂłpez de Mendoza eher in bukolischer oder italisierender Weise dargestellt. Im 20. Jahrhundert suchten Dichter wie Luis Rosales Inspiration in den Bergen. SpĂ€ter wurden AussichtsplĂ€tze eingerichtet, die ihre Namen tragen. Die Sierra de Guadarrama ist Hauptschauplatz des Romans Wem die Stunde schlĂ€gt von Ernest Hemingway; geschildert wird der Kampf republikanischer Guerillas hinter den feindlichen Linien wĂ€hrend des Spanischen BĂŒrgerkriegs.
Die bekannten âHimmel des VelĂĄzquezâ werden von den Gipfeln der Sierra de Guadarrama begrenzt. Sie bilden den Hintergrund der PortrĂ€ts Philipps IV., des Conde Duque de Olivares oder des Prinzen Baltasar Carlos. Erst in der Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts, etwa bei Carlos de Haes, werden die Berge zum eigenstĂ€ndigen Bildmotiv.
Die Sierra de Guadarrama ist von vielen Ortschaften umgeben, mit einer Vielzahl von Ferienwohnungen, die dementsprechend hauptsĂ€chlich wĂ€hrend der Ferienzeit bewohnt sind. Besonders im sĂŒdöstlichen Teil, der in der NĂ€he der Hauptstadt Madrid liegt, ist der Siedlungsdruck hoch, da Wohnungen in der NĂ€he der Sierra bei den Bewohnern Madrids sehr beliebt und gefragt sind. Die wichtigsten Ortschaften in der Region Madrid sind San Lorenzo de El Escorial, Los Molinos, Guadarrama, Cercedilla, Navacerrada, Manzanares el Real, Miraflores de la Sierra, Alpedrete und RascafrĂa. In der Provinz Segovia sind die wichtigsten Ortschaften Los Angeles de San Rafael und die Stadt Segovia selbst mit den Schlössern La Granja de San Ildefonso und dem Palast von RiofrĂo. Alle diese Ortschaften sind Ausgangspunkt fĂŒr jeweils mindestens einen Wanderweg entlang der BerghĂ€nge der Sierra; sie verfĂŒgen als touristische Zentren ĂŒber Hotels, Restaurants und GeschĂ€fte. Obwohl alle Gemeinden sich am FuĂe der Sierra befinden, liegen sie sĂ€mtlich unterhalb von 1200 m. Die Sierra de Guadarrama bildet bei klarem Wetter die Hintergrundkulisse fĂŒr die StĂ€dte Madrid und das nĂ€her liegende Segovia.
Die Vegetation ist charakterisiert durch eine FĂŒlle von KiefernwĂ€ldern und vereinzelten Eichen und Steineichen auf den unteren HĂ€ngen. Die Gipfel zeichnen sich durch niedrige Buschlandschaften aus. Auch die Anzahl der vorhandenen Tierarten ist groĂ: u. a. gehören hierzu Hirsche, Rehe, Damhirsche, Wildschweine, Dachse, verschiedene Arten von Wieseln, EuropĂ€ische Wildkatzen, Hasen etc. Auch die Vielfalt an Entenvögeln in den Bergseen und Reservoirs sowie an Greifvögeln ist betrĂ€chtlich. Bekannte Greifvogelarten sind z. B. der Iberienadler und der Mönchsgeier. Im Jahr 2013 wurde ein GroĂteil des Gebiets mit der Einrichtung des Nationalparks Guadarrama unter Schutz gestellt.